$ 3. Die Entstehung des preußischen Einheitsstaates. 79
minister in der ersten Zeit noch sehr eingeengt durch das
in der Verordnung vom 27. Oktober 1810 geschaffene Amt
des Staatskanzlers. Dem letzteren war unter den Be-
fehlen des Königs „die Oberaufsicht und Kontrolle jeder
Verwaltung ohne Ausnahme“ in der Weise anvertraut,
„daß er a) Rechenschaft und Auskunft über jeden Gegen-
stand fordern und in jedem Falle Maßregeln und An-
ordnungen zu dem Zweck suspendiren kann, um Unsere
Befehle darüber einzuholen; b) in außerordentlichen
und dringenden Fällen oder wo jWir ihn besonders
dazu beauftragen, zu verfügen befugt ist. Die Behörden
müssen alsdann die Anordnungen desselben, wofür er
Uns verantwortlich ist, befolgen“. Den mündlichen Vor-
trag beim König sollten nach der Verordnung vom 27. Ok-
tober 1810 die !Minister einmal wöchentlich in Gegen-
wart des Staatskanzlers haben. Zur Beratung all-
gemeiner Gegenstände, desgleichen solcher, wo die
Ressorts ineinandergreifen und eine gemeinschaftliche
Überlegung erforderlich, schuf die Kabinettsordre vom
3. Juni 1814 überdies die Vereinigung aller Minister unter
dem Titel „Staatsministerium* und unter dem Vorsitz
des Staatskanzlers, in dessen durch die Verordnung vom
27. Oktober 1810 regulierte Verhältnisse diese Ein-
richtung sonst keine Änderung bringen sollte. Endlich
behielt die Verordnung vom 27. Oktober 1810 zwar die
Institution des Kabinetts bei, berief aber in dasselbe
mit dem Recht „beständigen Vortrags“ beim König
a) als „ersten und nächsten Rat“ den Staatskanzler
selbst; sodann b) einen Geheimen Kabinettsrat und
c) in Militärsachen gewisse vom König bestimmte
Militärpersonen. „Der Staatskanzler kann den Kabinetts-
vorträgen beiwohnen, so oft er es nöthig findet oder Uns
selbst Vorträge zu machen hat.“ Die Würde des
Staatskanzlers bekleidete nur Fürst Hardenberg. Nach
seinem Tode (1822) wurde die Stelle nicht wieder be-
setzt. Bis 1848 bestand seitdem die Einrichtung, daß