78 $3. Die Entstehung des preußischen Einheitsstaates.
namentlich bei der vom König in der Verordnung vom
27. Oktober 1810, über die veränderte Verfassung der
obersten Staatsbehörden, für sich vorbehaltenen Gesetz-
gebung Platz greifen, d. h. wenn es galt, neues Recht
zu schaffen oder an den bestehenden Gesetzen eine
Aufhebung, Abänderung oder authentische Deklaration
vorzunehmen. Demzufolge war eben nach der Ver-
ordnung vom 27. Oktober 1810 den Ministern allgemein
die Ermächtigung zur Rechtsnormierung intra legem
verblieben. Doch hing die Heranziehung des Staatsrats
bei der Gesetzgebung des Königs jedesmal von dessen
freiem Belieben ab; stets gebührte dem König auch
„die Sanktion“.
Der bloßen Form nach unterschied man damals
folgende Arten landesherrlicher Gesetzgebungsakte: „Ge-
setze wurden erlassen auf den Antrag des Staats-
ministeriums nach erfordertem Gutachten des Staatsrats;
Verordnungen auf jenen Antrag ohne Gutachten des
Staatsrats, manchmal jedoch nach erfordertem Gutachten
einer Kommission des Staatsrats; Kabinettsordres
auch ohne jenen Antrag und ohne jenes oder dieses Gut-
achten, an das Staatsministerium oder an einzelne Staats-
minister.“ Die Gesetzespublikation erfolgte nach den
damals geltenden Normen (V. vom 27. Oktober 1810, V.
vom 28. März 1811 bzw. Dekl. vom 14. Januar 1813 und V.
vom 9. Juni 1819, K.O. vom 24. Juli 1826) in der Weise:
a) daß Gesetze, welche ein Regierungsdepartement oder
einzelne Klassen der Bewohner eines Departements oder
die Bewohnerschaft mehrerer Kreise oder Örter betrafen,
in dem Amtsblatt der betreffenden Regierung bekannt
gemacht werden mußten; b) daß Gesetze, welche mehr
als ein einzelnes Regierungsdepartement betrafen, in der
Gesetzsammlung zum Abdruck kamen, aber erst verbind-
lich wurden, wenn sie in den einzelnen Amtsblättern der
Monarchie nach Titel, Datum und Nummer in der Gesetz-
sammlung angezeigt waren. Die Kabinettsordre vom
24. Juli 1826 stellte auch fest, daß ein Gesetz selbst ohne
förmliche Einverleibung in die Gesetzsammlung durch
bloßen Abdruck in sämtlichen Amtsblättern der Monarchie
für alle Untertanen verbindend werde. Für reine Lokal-
gesetze des Königs war die Publikation im Amtsblatte
nicht vorgeschrieben; es fehlte hierüber überhaupt eine
allgemeine Norm. Erst das Gesetz vom 3. April 1846 $1