84 8 4. Der preuß. Einheitsstaat als konstit. Monarchie.
modernen Konstitutionalismus zuneigende Richtung ver-
stärkte sich in wenigen Monaten so sehr, daß sie die
bei weitem überwiegende Majorität des Preußenvolks
für sich gewann, und angesichts der Nachwirkungen
der Pariser Februarrevolution von 1848 verstand sich
Friedrich Wilhelm IV. selbst in den letzten Märztagen
zu der offenen und wiederholten Verheißung „einer
konstitutionellen Verfassung auf den breitesten Grund-
lagen“ mit „einer auf Urwahlen begründeten, alle Inter-
essen des Volks ohne Unterschied des religiösen
Glaubensbekenntnisses umfassenden Vertretung“, Aus
der Mitte der Bevölkerung sprach als das dermalige
„gesetzmäßige Organ des Landes“ der II. V.L.T. in
seiner Adresse vom 2. April 1848 das Anerkenntnis aus,
„daß die konstitutionelle Monarchie auf der breitesten
Grundlage von nun an die Staatsform Preußens sein
wird“, allerdings unter Wahrung des Hohenzollern-
königtums:
„Das Volk will, indem es sich zur Freiheit erhebt,
nicht brechen mit seiner Geschichte; es ehrt das König-
tum, unter welchem Preußen groß geworden ist, es sieht
in der konstitutionellen Monarchie die sicherste Gewähr
der Freiheit, der öffentlichen Wohlfahrt, der Einheit
Preußens.“
Dem bisher auch die Staatsrechtsordnung des
preußischen Einheitsstaates beherrschenden Prinzip
der absoluten Monarchie war damit allseitig die Ab-
lösung angekündigt. Indessen bestand die Staats-
regierung darauf, daß der Übergang Preußens von der
absoluten zur konstitutionellen Monarchie unter Wahrung
der Rechtskontinuität in den gesetzmäßigen Formen
der bisherigen Staatsrechtsordnung vor sich gehe.
Die Anschauung, daß durch die Berliner Märzereignisse
von 1848 „der Staat und die Staatsgewalt ihre recht-
liche Begründung verloren, daß ein Umsturz der be-
stehenden Gewalt stattgefunden habe“, wurde von der