$ 4. Der preuß. Einheitsstaat als konstit. Monarchie. 87
gich aber alsbald eine bedeutungsvolle Meinungsver-
schiedenheit zwischen der Staatsregierung und großen
Teilen der Versammlung und des Volkes. Das Ministerium
Camphausen hatte zwar getreu dem Prinzip „einer
wahren constitutionellen Verfassung“, und um sich „als
Schild vor die Dynastie zu stellen“, bereits „am 30. März
aus freiem Antriebe sich für alle seine Handlungen der
künftigen Volksvertretung und denjenigen Gesetzen,
welche mit ihr erlassen werden würden, verantwortlich
erklärt“!), Doch wahrte es weiter den Fundamentalsatz,
daß der König weder durch die politischen Ereignisse
seit dem März noch insbesondere durch das Verein-
barungsprinzip des Gesetzes vom 8. April 1848 die
Alleinträgerschaft der Staatsgewalt, desSouveränitäts-
rechts und namentlich des Gesetzgebungsrechts, ein-
gebüßt habe. Nach Ansicht der Staatsregierung hatte
sich die Verfassungsvereinbarung, zu welcher die N.V,
neben der Krone berufen war, nur auf dem Gebiete
des exercitium der quoad jus allein dem König ver-
bleibenden Gesetzgebungsfunktion zu bewegen: das
Vereinbarungsrecht war nur ein Recht der Zustimmung
bei Formulierung des Verfassungstextes, an Stelle des
bloßen Beirats des V.L.T. bei Veränderungen der all-
gemeinen ständischen Verfassung. Unentwegt hielt
man daher an dem „monarchischen Prinzip“ und an
„dem die Monarchie rettenden Grundsatz“ fest, „daß
der Monarch sich nicht unter eine constituirende Ver-
sammlung zu beugen hat“ ?).
In diesem Sinne bemerkte auch Abg. v. Daniels
am 9. Juni 1848 in der N.V.: „Die Form unserer Wirk-
samkeit kann nur bestehen in Beschlüssen, welche unter
der Sancıtion des Königs die künftige Verfassung
‘des Staats feststellen und in gleicher Weise Gesetze
zu schaffen, welche das Wohl des Landes vollenden
sollen.“
!) Min. Bl. f. d. inn. V. S. 86.
2), Wolff, Berliner Revolutionschronik III, S. 537.