88 $.4. Der preuß. Einheitsstaat als konstit. Monarchie.
Während die Staatsregierung auch die königliche
Verheißung einer konstitutionellen Verfassung „auf den
breitesten Grundlagen“ auf die ins Allgemeine, ohne
Rücksicht auf einen Zensus, gehende Gestaltung des
Wahlrechts bezog'), verstand man vielfach im Volk?)
wie in der N.V. selbst?), darunter die Zusicherung, daß
die preußische Staatsrechtsordnung in Zukunft auf dem
„demokratischen Prinzip“, der Nationalsouveränität®),
basieren werde, und andererseits deutete man gerade
das Vereinbarungsprinzip des Wahlgesetzes vom 8. April
dahin, daß nunmehr beide, die Krone und die N.V., zu
an sich gleichgestellten, ausübenden Faktoren
des Souveränitätsrechts des Volkes geworden seien,
Demgemäß bestritt man auch der Krone das Recht,
die N.V. einseitig zu entlassen, bevor dieselbe ihrer
Aufgabe der Verfassungs-Feststellung nachgekommen
sei; ja man wollte in dem kommenden „Staatsgrund-
gesetz“) dem König nur ein suspensives Veto bei der
Ausübung der gesetzgebenden Gewalt zugestehen. Aus
$ 11 Wahlgesetz vom 8. April: „Die Prüfung der
Richtigkeit der Wahl ist Sache der künftigen Ver-
sammlung“ folgerte man auch, daß „hierin das aus-
schließliche Recht der N.V., ihre inneren Rechte und
Angelegenheiten selbst und allein zu bestimmen, ohne
Vorbehalt anerkannt worden“®). Namens der Staats-
1) Sten. Ber. der N.V. S. 1606; Graf Helldorff bei
Rauer, Verhandlungen 1848, S. 768.
2), Vgl. v. Roenne, Kritische Bemerkungen 1848,
S. 1£., 6,20; Temme, Rechtliches Bedenken 1848, S. 10£.;
Wolff III, S. 396 £.
8) Vgl. Sten. Ber. S. 16081.
4) Die Nation hierbei unter Einschluß des Königs be=
griffen. Abeken, Mirabeau 1848, S. 15.
6) Vgl. Präs. Milde am 26. Mai 1848 und Abg. Otto
am 30. Mai 1848, Sten.Ber. S. 26, 52.
6) Temme, Einberufung von Stellvertretern nach
Brandenburg 1848, S. 9.