Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1008 Abschnitt XVIII. Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. 
schädlichmachung von Ansteckungsstoffen (Desinfektion) angeordnet ist, find nachstehend 
verzeichnete Mittel in der unten vorgeschriebenen Weise in Anwendung zu bringen. 
Das Desinfektionsverfahren umfaßt nach Maßgabe der Bestimmungen dieser An- 
weisung die Reinigung und die Desinfektion im engeren Sinne. 
I. Reinigungs= und Desinfektionsmittel. 
§. 2. Als Mittel der Reinigung und Desinfektion kommen in Betracht: 
1. Wasser und Wasserdämpfe. Zur Reinigung wird heißes Wasser oder, wo 
solches in genügender Menge nicht zu beschaffen ist, unter Druck aus Handfeuer- 
spritzen, Gartenspritzen oder dergleichen ausströmendes kaltes Wasser verwendet. 
Zur eigentlichen Desinfektion dient wallendsiedendes Wasser oder strömender 
Wasserdampf von mindestens der Wärme des siedenden Wassers. 
Durch einstündiges Kochen der Gegenstände in Wasser werden die daran haftenden 
Ansteckungsstoffe zerstört. 
Die Desinfektion mittels Wasserdampfes hat in Vorrichtungen zu erfolgen, welche 
von sachverständiger Seite dazu geeignet befunden worden sind. 
2. Seifenwasser. Dasselbe wird durch eine starke Lösung von Haus= oder Schmier- 
seife in Wasser hergestellt. 
3. Sodalauge. Sie wird hergestellt durch Auflösung von mindestens 2 kg Soda 
in 100 Liter Wasser. An Stelle der Sodalauge kann Hoflzaschen= oder Seifeufieder- 
lauge verwendet werden. 
4. Frisch gelöschter (Aetz-) Kalk und zwar: 
a) in trockener Form als Pulver, 
b) mit 2 Raumtheilen Wasser zu einer dicken oder 
c) mit 20 Raumtheilen Wasser zu einer dünnen Kalkmilch angerührt. 
5. Chlorkalkmilch. Frischer starkriechender Chlorkalk wird 
a) mit 3 Raumtheilen Wasser zu einer dicken oder 
b) mit 20 Raumtheilen Wasser zu einer dünnen Chlorkalkmilch angerührt. 
6. Fünfprozentige Karbolsäurelösung. Ein Theil verflüssigte Karbolsäure (Aci- 
dum carbolicum liquefactum des Arzneibuchs) wird in 18 Theilen Wasser gelöft. 
7. Kresolwasser. Eine Mischung aus 1 Theil Kresolseifenlösung (Liquor Cre- 
soli saponatus des Arzneibuchs) und 9 Theilen Wasser. Sie enthält in 100 Theilen 
5 Theile rohes Kresol. 
8. Steinkohlen= oder Holztheer. 
9. Feuer. Schon durch gründliches Ansengen an der ganzen Oberfläche können 
manche Gegenstände desinsizirt werden. Feuerfeste Gegenstände werden durch Einlegen 
iu Feuer — Flammenfeuer oder glühende Kohle — schnell desinfizirt. 
II. Das Reinigungs= und Desinfektions-Verfahren. 
#3. Reinigung und Desinfektion werden entweder auf den Standort und die- 
jenigen Stall= und sonstigen Geräthschaften beschränkt, mit welchen die kranken Thiere 
deren Aussch idungen oder Kadaver in Berührung gekommen sind, oder sie umfassen 
den ganzen Stall oder Aufenthaltsraum, einschließlich der darin enthaltenen Geräth. 
schaften. Erforderlichenfalls ist die Reinigung und Desinfektion auf verunreinigte 
Hofräume, Tummelplätze, Weidestellen, Hürden, Futter-, Schur-, Schlacht= und Ver- 
scharrungsplätze, Lagerplätze für rohe Thierfelle und Haare, Sprunghütten, Brunnen- 
nöge, Vorsetzkrippen, Milchgeschirre, Beschlagbrücken, Bespannungsgeschirre, Fabr- 
geräthe u. dergl. auszudehnen. 
Die Reinigung und Desinfektion des Standortes ist stets (auch bei Kasten= und 
Laufständen) auf die Umgebung des letzteren bis zu einer Entfernung von mindestens 
1½m, auch von der Kopfhöhe des stehenden Thieres an gerechnet, in der Richtung 
nach oben auszudehnen. 
Soweit irgend thunlich, ist dafür zu sorgen, daß die bei der Reinigung und 
Desinfektion der Standorte (Ställe) und Geräthschaften 2c. abgehenden Schmutzwässer 
in die Jauchegrube oder in andere Sammelbehälter fließen, um dort ebenfalls einer 
Desinfektion unterzogen werden zu können. Jedenfalls ist zu hindern, daß Schmugz- 
wasser in andere Gehöfte, auf öffentliche Wege, in Brunnen oder sonstige Nutzwässer 
abfließt. 
Geringwerthige Gegenstände sind zu vernichten.
	        
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