Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XIX. Enteignungs-Gesetz. 1033 
Genehmigung des vormundschaftlichen Gerichts oder desjenigen Gerichts, welches 
die Veräußerung der Grundstücke und Gerechtigkeiten solcher Personen aus 
freier Hand zu genehmigen befugt ist 7. 
Lehns= und Fideikommißbesitzer sind befugt, solche Verträge unter Zu- 
stimmung der beiden nächsten Agnaten abzuschließen, sofern die Stiftungsurkunden 
oder besondere gesetzliche Bestimmungen jene Veräußerungen nicht unter er- 
leichterter Form gestatten?. 
Im Bezirk des Oberlandesgerichtes zu Köln sind die Vertreter der Minder- 
jährigen, Abwesenden, Interdizirten und anderer handlungsunfähiger Personen, 
sowie der Fallitmassen befugt, gültig in die Veräußerung zu willigen, wenn sie 
dazu von dem Gericht auf Antrag in der Rathskammer?) nach Anhörung des 
öffentlichen Ministeriums ermächtigt sind. Diese Vorschrift findet auch auf 
Dotal-- und Fideikommißgrundstücke Anwendung. 
Veräußerungsbeschränkungen, welche zur Verhütung der Trennung von 
Gutsverbänden oder der Zerstückelung von Ländereien bestehen, finden keine 
Anwendung. 
§. 18. Auf Antrag des Unternehmers erfolgt das Verfahren Behufs Fest- 
stellung des Planes. 
Zu diesem Behufe hat derselbe dem Regierungspräsidenten:) für jeden 
Gemeinde= oder Gutsbezirk einen Auszug aus dem vorläufig festgestellten Plane 
nebst Beilagen vorzulegen, welche die zu enteignenden Grundstücke nach ihrer 
grundbuchmäßigen, katastermäßigen oder sonst üblichen Bezeichnung und Größe, 
deren Eigenthümer nach Namen und Wohnort, ferner die nach §. 14 herzu- 
stellenden Anlagen, sowie, wo nur eine Belastung von Grundeigenthum in 
Frage steht, die Art und den Umfang dieser Belastung enthalten müssen. 
§. 19. Plan nebst Beilagen sind in dem betreffenden Gemeinde= oder 
Gutsbezirke während vierzehn Tagen zu Jedermanns Einsicht offen zu legen. 
Die Zeit der Offenlegung ist ortsüblich bekannt zu machen. 
Während dieser Zeit kann jeder Betheiligte.) im Umfange seines Interesses 
Einwendungen gegen den Plan") erheben. Auch der Vorstand des Gemeinde- 
oder Gutsbezirks hat das Recht, Einwendungen zu erheben, welche sich auf 
die Richtung des Unternehmens oder auf Anlagen der in F. 14 gedachten 
Art beziehen. Z 
Der Regierungspräsident hat diejenige Stelle zu bezeichnen, bei welcher 
solche g#nendungen schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu 
geben sin 
§. 20. Nach Ablauf der Frist (F. 19) werden die Einwendungen gegen 
den Plan in einem nöthigenfalls an Ort und Stelle abzuhaltenden Termin 
vor einem von dem Regierungspräsidenten ") zu ernennenden Kommissar?) 
erörtert. 
) Jetzt entscheidet das Amtsgericht, §. 26 Abs. 2 Ausf. Ges. zum Ger. Verf. 
Ges. 24. April 1878 (G. S. S. 230). 
:) Die Legitimation wird geführt durch eine Bescheinigung der zuständigen Be- 
hörde. Vergl. auch §. 1 Ges. 3 März 1850 (G. S. S. 145). 
3) Vergl. vorstehende Anm. 1. 
4) Für Berlin dem Polizeipräsidenten, L. V. G. §. 42. Auf die, an eine Frist 
nicht gebundene Beschwerde über Ablehnung des Antrages entscheidet der Minister 
der öffentlichen Arbeiten als Anfsichtsinstanz. 
5) Dazu gehören auch die in §. 11 bezeichneten Nebenberechtigten, ferner die 
von der Enteignung selbst nicht betroffenen Nachbarn, die Sicherung gegen Gefahren 
und Nachtheile des Unternehmens gemäß §. 14 suchen. 
6) Nicht aber gegen die die Enteignung oder dauernde Beschränkung aussprechende 
AKgl. Verordnung, vergl. Erk. R. G. 25. April 1891 (Pr. V. Bl. XII. 426). 
7) Die im Abs. 1 bestimmte Frist ist nur dann gewahrt, wenn die Einwen- 
dungen innerhalb der Frist an der bezeichneten Stelle angebracht werden, Rekursbesch. 
16. Juni 1881 und 19. Nov. 1881. In gleicher Weise können auch später in der 
Nekursinstanz Einwendungen, die nicht rechtzeitig innerhalb der im S§. 19 vorge- 
schriebenen Frift angebracht find, keine Berücksichtigung erfahren, Rekursbesch. 19. Dez. 
1881 bei Seydel S. 124. ç 
8) Bei Staatseisenbahnbauten sollen in der Regel Landräthe mit der Verpflichtung
	        
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