1066 Abschnitt XX. Bau- und Feuer-Polizei.
Hof oder Garten!) stoßenden Wand oder Mauer gemacht werden. so müssen dieselben,
wo es die Umstände gestatten?), sechs Fuß von dem Boden des Zimmers oder Be-
hältnisses erhöht; in allen Fällen aber mit eisernen nur zwei Zoll von einander
stehenden Stäben oder mit einem Drahtgitter verwahrt sein.
§. 139. Neu errichtete?) Gebäude müssen von älteren schon vorhandenen Ge-
bäuden des angrenzenden Nachbars, wenn nicht besondere Polizeigesetze!) ein Anderes
vorschreiben, wenigstens drei Werkschuhe) zurücktreten.
§. 140. Stößt aber das neue Gebäude auf einen unbebauten") Platz des Nach-
bars, so ist ein Abstand von anderthalb Werkschuhen hinreichend.
§. 141. Uebrigens aber kann jeder in der Regel auf seinem Grund und Boden
so nahe an der Grenze und so hoch bauen, als er es für gut sindet.
§. 142. Sind jedoch die Fenster des Nachbars, vor welchem gebaut werden soll,
schon seit zehn Jahren oder länger vorhanden, und die Behältnisse, wo sie sich befinden,
haben nur von dieser Seite her Licht, so muß der neue Bau so weit zurücktreten, daß
der Nachbar noch aus den ungeöffneten Fenstern des unteren Stockwerks den Himmel
erblicken7) könne.
Zu Anmerkung 4 auf S. 1065.
O. Trib. 30. Mai 1865 (Strieth. Arch. LVIII. 339) und 7. Jan. 1873 (E.
LXVIII. 357).
1) Unter Hof und Garten ist jeder zu dem Hause des Nachbars gehörige offene
Raum zu verstehen, Erk. O. Trib. 17. Dez. 1856 (Strieth. Arch. XXIII. 162);
Erk. R. G. 10. Juni 1880 (Rass. u. Küntz. XXV. 429).
:) Sofern nach dem Gutachten Sachverständiger die verlangte Erhöhung des
Fensters eine unvollständige Beleuchtung selbst dann herbeiführt, wenn eine
Veränderung des Daches vorgenommen würde, muß angenommen werden, daß die
Umstände die Erhöhung nicht gestatten, Erk. O. Trib. 11. Dez. 1856 (Strieth. Arch.
XXIII. 142).
Die Beschränkung soll nicht bloß dann fortfallen, wenn die betreffenden Räum-
lichkeiten durch die Erhöhung der Fenster gänzlich unbrauchbar gemacht werden. Der
Richter ist bei Beurtheilung der die Erhöhung der Fenster ausschließenden Umstände
in seinem Ermessen nicht beschränkt und wohl befugt, dabei auch die auf bloßen
subjektiven Bedürfnissen und Zwecken beruhende Bestimmung eines Gemaches (bei-
svielsweise dessen Benutzung als Wohn= oder Arbeitsstube) in Betracht zu ziehen,
Erk. 28. April 1881 (E. Civ. V. 229).
„) Neu errichtete Gebäude sind solche, die auf einem bisher unbebauten Platze
errichtet werden, Erk. O. Trib. 11. Mai 1846 (E. XIII. 27), oder mit der Ueber-
schreitung der Grenzen des früher vorhandenen Gebäudes, einen dem Nachbar näheren
Platz erhalten, Erk. O. Trib. 22. Aug. 1846 (E. XVI. 520).
!) Die (namentlich für Gebäude an Straßen und öffentlichen Plätzen) ganz un-
praktische Bestimmung des §. 139 kann auf Grund des Polizei-Ges. 11. März 1850
abgeändert oder auch aufgehoben werden, Koch A. L. R. Anm, zu 5. 139.
*) Diese Entfernung ist nur von den zu Tage stehenden Mauern, nicht von den
unter der Erde befindlichen Fundamenten des Nachbarhausfes zu messen. Erk. O.
Trib. 14. Nov. 1857 (Strieth. Arch. XXVIII. 88). Das gemeine Recht verlangt
2 Fuß, Bek. 8. Jan. 1845 (Hann. G. S. I. 11) Nr. 1.
6) Die Vorschrift des §. 140 I. 8 A. L. R., betr. das Bauen neben einem un-
bebauten Platz des Nachbarn findet auf Bauten an einer öffentlichen Straße nicht
Anwendung, Erk. O. Trib. 18. Dez. 1873 (E. LXXl. 146).
7) Wenn die Fenster des Nachbarn, vor welchen gebaut werden soll, schon seit
zehn Jahren oder länger vorhanden sind, so genügt es, daß der neue Bau 3 Fuß
zurücktritt, und daß es dem Nachbar auf irgend eine Weise und in irgend
einer Stellung möglich ist, falls seine Behältnisse nur von dieser Seite her Licht
haben, aus den ungeöffneten Feustern des unteren Stockwerks, sonst aber aus den un-
geöffneten Fenstern des zweiten Stockwerks, in vertikaler Richtung den Himmel zu
sehen, Erk. O. Trib. 9. Dez. 1839 (E. V. 166), vergl. Erk. O. Trib. 3. April
1856 (Strieth. Arch. XXI. 44).
Wer von dem ihm nach §. 142 zustehenden Widerspruchsrecht Gebrauch machen