1084 Abschnitt XXI. Land= und Heerstraßen.
nv 10. Muß ein anderer, als der, welcher die Pflanzung zuerst angelegt
hat, dieselbe unterhalten, so kommt diesem die Nutzung der Bäume zu.
Pflicht des Staates.
§. 11. Gegen den Genuß der dem Staate von den Landstraßen zu-
kommenden Nutzungen ist er verpflichtet, für die Unterhaltung der 1 Sicherheit
und Bequemlichkeit derselben zu sorgen.
§. 12. Für den aus Unterlassung dieser Pflicht entstandenen Schaden
sind diejenigen, welche bei der vom Staate ihnen aufgetragenen Sorge dafür
sich täaes groben oder mäßigen Versehens schuldig gemacht haben, verant-
wortlich.
Unterhaltung der Wege.
§. 13:). Die Einwohner der an der Straße liegenden Gegend sind, nach
gemeinen Rechten, zur Arbeit mit Hand= und Spanndiensten bei Unterhaltung
und Oesserung der Wege, nach der Anordnung des Staats verbunden.
§. 14. Diese Verbindlichkeit erstreckt sich auf alle Einwohner, durch deren
Distrikt, Kreis oder Kirchspiel dergleichen Landstraße?) geht und die nach den
Gesetzen oder Landesverfassungen zur Gemeindearbeit verpflichtet sind.
§. 15. Wo durch Provinzialgesetze oder besondere Wegordnungen, die
Verbindlichkeit zu Unterhaltung der Landstraßen näher oder anders bestimmt
ist, hat es dabei, auch in Zukunft, lediglich sein Bewenden!.
Anlegung neuer Wege.
§. 16. Auch bei Anlegung neuer Wege kann der Staat von den nach
der Landesverfassung zur Wegearbeit überhaupt verpflichteten Einwohnern,
welce von dem neuen Wege Vortheil haben, Hand= und Spanndienste
ordern.
Besonderes der Dammstraße.
§. 17. Bei der Anlegung von Chausseen"!) oder Dammstraßen, statt
#l Das Wort „der“ ist ein Druck= oder Redaktionsfehler und muß sinngemäß
wegfallen.
2) Zur Erwerbung des Eigenthums an Grund und Boden bedarf es
eines den Willen des Erwerbes bekundenden Aktes. Daraus allein, daß der Fiskus
eine Brücke auf städtischem Grund und Boden erbaut hat, läßt sich noch nicht folgern,
daß er Eigenthümer des Brückenterrains geworden sei.
Die Vorschriften in S§s. 13 und 14, betr. die Verpflichtung der an der Straße
liegenden Gegend zur Arbeit bei Unterhaltung und Besserung der Wege — sind noch
gültig, Res. 2. Dez. 1871 (M. Bl. 1872 S. 8). Für die Provinz Posen ist das
Ges. 21. Juni 1875 (G. S. S. 324) maßgebend.
Ueber die in Rede stehende Verbindlichkeit bestimmt die betreffende Landespolizei-
behörde. Sie beschränkt sich auf diejenigen Hand= und Spanndienste, welche von den
Pflichtigen selbst ohne Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit und wirthschaftlichen
Interessen geleistet werden können. Die örtliche Wegebaupolizeibehörde ist zuständig,
die Erfüllung der so beschränkten Verpflichtung zu erzwingen, Erk. 26. Sept. 1888
(E. O. V. XVII. 291).
2) Die Eigenschaft eines Weges als Landstraße ist im Wesentlichen analog mit
derjenigen der Oeffentlichkeit zu beurtheilen. Die letztere entsteht durch ausdrückliche
oder stillschweigende, unter Zustimmung der Polizeibehörde erfolgende Widmung für
den öffentlichen Verkehr. Dementsprechend muß ein Weg als Landstraße gelten, wenn
er für den allgemeinen, über das lokale Interesse hinausgehenden Verkehr, als „Grund-
linie für den im Lande sich bewegenden Hauptverkehr“, sei es ausdrücklich oder still-
schweigend bestimmt worden ist. Diese Bestimmung kann nur vom Staate und zwar
von der Landespolizeibehörde ausgehen, Erk. 29. Sept. 1888 (E. O. V. XVII.
285). Die Emwohner der Städte sind zu Hand= und Spanndiensten beim Wege-
bau nicht verpflichtet, Erk. O. Trib. 15. Febr. 1856 (E. XXXII. 175).
) Solche Vorschriften sind: 6
Für Ostpreußen Provinzialrecht Zusatz 226; Westpreußen Provinzialrecht
8. 68 und Wegereglement 4. Mai 1796 (Rabe III. 338), letzteres gilt auch im