Abschnitt XXIV. Privatflüsse. 1191
Sind mehrere an einander grenzende Uferbesitzer über eine Anlage ein-
verstanden, so werden die Grundstücke derselben, bei Anwendung der vorstehenden
Beschränkungen, als ein einziges Grundstück angesehen.
S. 14. Gehören die gegenüber liegenden Ufer verschiedenen Besitzern, so hat
ein jeder von beiden ein Recht auf Benutzung der Hälfte des Wassers (§. 27).
§. 15. Wenn bei Ausführung einer Bewässerungs-Anlage ein öffentliches
Interesse, wie das der Schiffahrt 2c. gefährdet, oder den unterhalb liegenden
Einwohnern der nothwendige Bedarf an Wasser auf eine Weise entzogen würde,
daß daraus ein Nothstand für ihre Wirthschaft zu besorgen wäre, so ist der
Bezirksausschuss nach vollständiger, unter Zuziehung der Betheiligten erfolgten
Erbrterunn befugt, die Ableitung des Wassers in geeigneter Weise zu be-
ränken ½.
c §. 16. Gegen Anlagen, welche der Uferbesitzer zur Benutzung des Wassers
in Gemäßheit des ihm nach §#§. 1 und 13 zustehenden Rechts unternimmt,
kommt den Besitzern der bei Publikation des gegenwärtigen Gesetzes rechtmäßig
bestehenden Mühlen und anderen Triebwerke ein Widerspruchsrecht:) zu, wenn
dadur
a) ein auf speziellere ) Rechtstitel beruhendes Recht zur ausschließlichen
Benutzung des ganzen Wassers oder eines bestimmten Theils desselben
(, ½ .) beeinträchtigt, oder
b) das zum Betriebe in dem bisherigen Umfange") nothwendige Wasser
entzogen wird.
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Zu Anmerkung 7 auf S. 1190.
vorzunehmen, wo an der Seite der geschehenen Ableitung sein Eigenthum aufhört.
Beginnt auf dem gegenüber liegenden Ufer vor diesem Punkte ein fremdes Grundstück,
so muß dessen Besitzer die Hälfte des Wassers zur Disposition bleiben, das vorhanden
sein würde, wenn die Zurückhaltung des Wassers unmittelbar vor diesem Punkte
erfolgt wäre, an dem das gegenüber liegende Grundstück beginnt, Erk. O. Trib.
16. Jan. 1875 (E. XXVII. 23). Die Beschränkung des Uferbesitzers nach §. 13
Nr. 2 ist nicht dahin zu verstehen, daß jeder Tropfen des aus dem Fluß abgeleiteten
Wassers auch dahin zurückgebracht werden müsse, Erk. O. Trib. 5. Nov. 1861 (Strieth.
Arch. XIIV. 50). Vergl. Erk. 23. Jan. 1873 (Strieth. Arch. LXXXVIII. 1).
Den Uferbesitzern eines Privatflusses, der oberhalb ihres Grundbesitzes sein
Wasser zum Theil aus Nebenflüssen erhält, steht das Recht auf den natürlichen Zu-
fluß des Wassers, auch gegenüber den Uferbesitzern der Nebenflüsse zu, Erk. 16. Sept.
1875 (E. LXXV. 313).
1) §. 15 ist nicht anwendbar auf den Fall, daß bloß einem Triebwerk das zum
Betriebe in dem bisherigen Umfang nöthige Wasser entzogen wird. Allerdings steht
dem Besitzer in diesem Fall ein Widerspruchsrecht zu. Dieses ist aber im ordent-
lichen Rechtswege geltend zu machen und gehört nur ausnahmsweise nach §§. 19 und
23 resp. 37 dann zur Kompetenz der Verwaltungsbehörde, wenn der Unternehmer
der Bewässerungsanlage auf deren Vermittelung angetragen hat, Res. 2. Jan. 1866
(M. Bl. S. 16), Erk. 19. Dez. 1878 (E. O. V. IV. 279).
2) Ueber die Frage, inwiefern durch Verjährung ein Widerspruchsrecht erworben
werden kann, vergl. Erk. O. Trib. 15. Sept. 1856 (E. XXXIV. 89).
3) Die Beschwerde des Besitzers einer bei der Publikation des Ges. 28. Febr.
1843 bestehenden Mühle oder eines anderen Triebwerkes, daß ihm durch Anlagen
eines anderen Uferbesitzers das zum Betriebe in dem bisherigen Umfange nöthige
Wasser entzogen werde (§. 16 lI. c.), enthält kein vor den Gerichten verfolgbares
Privatrecht, vielmehr steht die Entscheidung hierüber, mit Ausschluß des Rechtsweges,
der Verwaltungsbehörde zu (§. 23 I. c.), Erk. Rh. A. G. H. 16. Nov. 1859 (Rh.
A. LV. I. 100). Vergl. Res. 21. April 1861 bei §S. 23.
4) Es versteht sich von selbst, daß die bei Publikation des Ges. 28. Febr. 1843
bestandene Betriebsfähigkeit der Mühle nicht bloß von der inneren Struktur, sondern
wesentlich auch von den Verhältnissen abhängig gemacht werden muß, durch die
nach der Oertlichkeit der größere oder geringere Zufluß des Wassers bedingt ist.
Das Gesetz hat das dem Mühlenbesitzer beigelegte Widerspruchsrecht nicht von dem
thatsächlich stattgefundenen Betriebe des Gewerbes abhängig machen wollen, viel-
mehr kommt es wesentlich auf die Leistungsfähigkeit des Triebwerkes an, da der