Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1296 Abschnitt XXVI. Forstdiebstahls-Gesetz. 
Gesetz vom 15. April 1878, betreffend den Forstdiebstahl. 
(G. S. S. 222). 
8. 1. Forstdiebstahl im Sinne dieses Gesetzes ist der in einem Forst oder 
auf einem anderen hauptsächlich zur Holznutzung bestimmten Grundstücke?) ver— 
übte Diebstahl: 
1. an Holz, welches noch nicht vom Stamme oder vom Boden getrennts) ist; 
2. an Holz, welches durch Zufall abgebrochen oder umgeworfen, und mit 
dessen Zurichtung noch nicht der Anfang gemacht worden ist; 
3. an Spänen, Abraum ) oder Borke, sofern dieselben noch nicht in einer 
umschlossenen Holzablage sich befinden, oder noch nicht geworben oder 
eingesammelt sind; 
4. an anderen Walderzeugnissen, insbesondere Holzpflanzen, Gras, Haide, 
Plaggen, Moos, Laub, Streuwerk, Nadelholzzapfen, Waldsämereien, 
Baumsaft und Harz, sofern dieselben noch nicht geworben und einge- 
sammelt sind. 
Das unbefugte Sammeln") von Kräutern, Beeren und Pilzen unterliegt 
forstpolizeilichen Bestimmungen. 
§. 2. Der Forstdiebstahl wird mit einer Geldstrafe") bestraft, welche dem 
fünffachen Werthe des Entwendeten gleichkommt und niemals unter einer Mark 
betragen darf. 
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1) Kommentare von Oehlschläger und Bernhardt, 4. Aufl., Berlin 1886; Günther, 
Breslau 1878; Eichhorn in Groschuff „Preußische Strafgesetze“ Berlin 1894. Die 
Zuständigkeit der Landesgesetzgebung beruht auf §. 2 Einf. Ges. zum R. Str. G. B. 
und §. 3 Einf. Ges. zur Str. P. O. Liegen bei einer Entwendung von Holz und 
anderen Waldprodukten die Voraussetzungen des (milderen) Forstdiebstahlsges. nicht 
vor, so muß die Strafe des gemeinen Diebstahls verhängt werden, Erk. R. G. 
18. Okt. 1883 (Rechtspr. V. 793). 
2) Flußufer sind bezüglich der auf ihnen gepflanzten Weiden nicht, hauptsächlich 
zur Holznutzung bestimmt. Bei strombaulichen Anlandungen soll nach Lage des 
Falles entschieden werden, E. Crim. XVIII. 436; XX. 11. 
:) Die Wegnahme von Baumstämmen, die die Forstverwaltung nach Absägen 
der Kronen zu Merkpsählen und Einfriedigungen bestimmt hat, ist Forstdiebstahl, 
E. Crim. IX. 72. 
!) Das sind die bei der Abholzung eines Forstes und nach Aufarbeitung der 
gefällten Stämme übrig gebliebenen werthlosen Holztheile (Raff= und Leseholz). 
*) Bei Berathung des Feld= und Forstpolizeiges. 1. April 1880 wurde der 
Versuch gemacht, das Sammeln von Kräutern, Beeren und Pilzen gesetzlich zu regeln. 
Der Versuch blieb ohne Erfolg und es ist damit der durch das Forstdiebstahlsges. 
geschaffene Zustand beibehalten, wonach diese Materie der Regelung durch Polizei- 
verordnungen überwiesen ist. 
Durch solche Polizeiverordnungen kann für diejenigen Landestheile, in welchen 
das Sammeln von Kräutern, Beeren und Pilzen nach der früheren Gesetzgebung und 
Praxis unzweifelhaft bereits verboten oder doch nur unter gewissen Voraussetzungen 
gestattet war, dieses Sammeln unbedenklich entsprechend den jetzigen Verhältnissen ge- 
regelt werden. Für diejenigen Landestheile aber, in denen solches nicht der Fall war, 
werden bezüglich dieser Materie, insbesondere für fiskalische Domänen= und Forst- 
grundstücke, Polizeiverordnungen überhaupt nicht zu erlassen sein, ohne daß vorher 
über die einschlagenden Verhältnisse bei Einreichung von Entwürfen solcher Verord- 
nungen an den Minister für Landwirthschaft 2c., besonders Bericht erstattet wird. 
Vergl. Res. 12. Mai 1880. 
Bei Fälschung der Erlaubnißscheine zum Beerensammeln kommt nicht §. 363 
sondern §. 267 R. Str. G. B. zur Anwendung, Erk. 4. Febr. 1890 (E. Crim. 
XX. 299). 
6) Durch K. O. 15. Dez. 1880 (M. Bl. 1881 S. 28) ist dem Minister für 
Landwirthschaft die Befugniß ertheilt worden, in allen Forstkontraventionsfällen ein- 
chließlich der Forstdiebstähle, Geldstrafen, die den Betrag von dreißig Mark nicht 
übersteigen, ganz oder theilweise zu erlassen.
	        
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