Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1306 Abschnitt XXVI. Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften. 
Es treten jedoch für das Verfahren vor den Waldschutzgerichten folgende 
besondere Bestimmungen in Kraft. 
§. 8. Der Antrag auf Erlaß der im §. 2 vorgesehenen Anordnungen ist 
dem zuständigen Waldschutzgerichte schriftlich einzureichen. » 
Der Antrag muß die gefährdeten und gefahrbringenden Grundstücke, sowie 
die Art der Gefährdung genau bezeichnen und einen bestimmten Vorschlag über 
die zu ergreifenden Schutzmaßregeln enthalten. 
Die Zuständigkeit des Waldschutzgerichtes wird durch die Belegenheit des 
gefahrbringenden Grundstückes bestimmt. Geht der Antrag von dem Bezirke 
selbst aus, oder ist er gegen diesen gerichtet, so bestimmt der Bezirksausschuss 
das zuständige Waldschutzgericht!). 
§. 9. Das Waldschutzgericht ernennt eines seiner Mitglieder oder einen 
anderen Sachverständigen zum Kommissar, welcher den Sachverhalt in vollem 
Umfange an Ort und Stelle und unter Anhörung der Betheiligten zu ermitteln 
und erforderlichen Falls den Beweis zu erheben hat2). 
§. 10. Das Waldschutzgericht kann auf Antrag des Kommissars oder der 
Betheiligten die Frage, ob eine Gefährdung im Sinne des §. 2 vorliegt, vorab 
durch Endurtheil entscheiden und bis zur Rechtskraft desselben das weitere 
Verfahren einstellen 2). 
Vor der Entscheidung hat der Kommissar über diese Frage ein schriftliches 
Gutachten anzufertigen, welches für die Betheiligten nach Maßgabe des F. 13 
offen zu legen ist. 
§. 11. Auf Grund seiner Ermittelungen hat der Kommissar ein Regulativ 
zu entwerfen, welches insbesondere folgende Punkte enthalten muß: 
1. die Bestimmung der gefahrbringenden und gefährdeten Grundstücke; 
2. die Einschränkungen in der Benutzung, welche den gefahrbringenden 
Grundstücken aufzulegen sind; 
3. die Bestimmungen über die Herstellung, Unterhaltung und Aufsicht der 
erforderlichen Waldkulturen und sonstigen Schutzanlagen; 
4. die Bestimmungen darüber welche Entschädigungen, von wem, nach 
welchem Verhältniß, bis zu welchem Betrage und zu welchem Zeit- 
punkte dieselben, sowie die Kosten der Schutzanlangen aufzubringen sind. 
§. 12. Der Entwurf des Regulativs ist mit einem schriftlichen Gutachten 
zu begleiten, welches die getroffenen Bestimmungen zu begründen und die ein- 
schlagenden Fragen vollständig zu erörtern hat. 
§. 13. Der Kommissar hat das Gutachten und das Regulativ zur Einsicht- 
nahme der Eigenthümer, Nutzungs-, Gebrauchs= und Servitutberechtigten und 
der Pächter der gefahrbringenden Grundstücke, sowie der gefährdeten In- 
teressenten vier Wochen lang in den Gemeinden, in welchen der betheiligte 
Grundbesitz gelegen ist, bei dem Gemeindevorsteher offenzulegen und daß dies 
angeordnet, zur Kenntnißnahme der Interessenten zu bringen. 
Geht der Antrag von einem Kommunalverbande oder von der Landes- 
polizeibehörde aus, so ist dem Antragsteller das Gutachten und das Regulativ 
zuzufertigen. 
Demnächst hat der Kommissar die sämmtlichen Betheiligten Behufs An- 
meldung ihrer Einwendungen gegen den Entwurf des Regulativs zu einer 
mündlichen Verhandlung unter der Verwarnung zu laden, daß die Berück- 
sichtigung später erhobener Einwendungen durch das Waldschutzgericht aus- 
geschlossen werden kann. 
1) Es muß ein anderes Waldschutzgericht, als das des antragstellenden Kreises 
bestellt werden, E. O. V. VIII. 176. 
Ebenso wird das zuständige Waldschutzgericht vom Bezirksausschusse bestimmt, 
wenn die Gesammtheit der gefahrbringenden Grundstücke in mehreren Kreisen belegen 
ist, L. V. G. 98§. 57, 1, 58, 1. 
2) Vergl. L. V. G. §§. 76 —78. Die kommissarische Verhandlung kann rechts- 
gültig nur von diesem Kommissare geleitet werden, E. O. V. VIII. 181. 
3) Es scheidet also die Frage nach dem Verhältnisse zwischen dem abzuwendenden 
Schaden und dem aus der Einschränkung für den Eigenthümer erwachsenden Nach- 
theil einstweilen aus, E. O. V. XI. 279.
	        
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