Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1350 Abschnitt XXVII. Schutz von Vögeln. 
Wird festgestellt, daß die That nicht mit seinem Wissen verübt worden ist, 
oder dgh er sie nicht verhindern konnte, so wird die Haftbarkeit nicht aus- 
esprochen. 
gesp Gegen die in Gemäßheit der vorstehenden Bestimmungen als haftbar Er- 
klärten tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe nicht ein. 
§. 15. Die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgestellten Jagdscheine 
behalten ihre Gültigkeit für die Zeit, auf welche sie ausgestellt worden sind. 
— — — 
Reichsgesetz zum Schutz von Vögeln. 
Vom 22. März 1888 (N. G. Bl. S. 111). 
. 1. Das Zerstören und das Ausheben von Nestern oder Brutstätten 
der Vögel, das Zerstören und Ausnehmen von Eiern, das Ausnehmen und 
Tödten von Jungen, das Feilbieten und der Verkauf der gegen dieses Verbot 
erlangten Nester, Eier und Jungen ist untersagt. 
em Eigenthümer und dem Nutzungsberechtigten und deren Beauftragten 
steht jedoch frei, Nester, welche sich an oder in Gebäuden 1) oder in Hofräumen 
befinden, zu beseitigen. Z 
Auch findet das Verbot keine Anwendung auf das Einsammeln, Feilbicten 
und den Verkauf der Eier von Strandvögeln, Seeschwalben, Möwen und Ki- 
bitzen, jedoch kann durch Landesgesetz oder durch landespolizeiliche Anordnung 
das Einsammeln der Eier dieser Vögel für bestimmte Orte oder für bestimmte 
Zeiten untersagt werden ?. 
§. 2. Verboten ist ferner: 
a) das Fangen und die Erlegung von Vögeln zur Nachtzeit mittelst Leimes, 
Schlingen, Netzen oder Waffen; als Nachtzeit gilt der Zeitraum, welcher- 
eine Stunde nach Sonnenuntergang beginnt und eine Stunde vor Sonnen- 
aufgang endet; 
b) jede Art des Fangens von Vögeln, solange der Boden mit Schnee 
bedeckt ist; 
c) das Fangen von Vögeln mit Anwendung von Körnern oder anderen 
Futterstoffen, denen betäubende oder giftige Bestandtheile beigemischt 
sind, oder unter Anwendung geblendeter Lockvögel; 
d) das Fangen von Vögeln mittelst Fallkäfigen und Fallkästen, Reusen, 
großer Schlag= und Zugnetze, sowie mittelst beweglicher und tragbarer, 
auf dem Boden oder quer über das Feld, das Niederholz, das Rohr 
oder den Weg gespannter Netze. 
Der Bundesrath ist ermächtigt, auch bestimmte andere Arten des Fangens 
sowie das Fangen mit Vorkehrungen, welche eine Massenvertilgung von Vögeln 
ermöglichen zu verbieten. 
§. 3. In der Zeit vom 1. März bis zum 15. September ist das Fangen 
und die Erlegung von Vögeln sowie das Feilbieten und der Verkauf todter 
Vögel überhaupt untersagt. 
Der Bundesrath ist ermächtigt, das Fangen und die Erlegung bestimmter 
Vogelarten, sowie das Feilbieten und den Verkauf derselben auch außerhalb 
des im Abs. 1 bestimmten Zeitraums allgemein oder für gewisse Zeiten oder 
Bezirke zu untersagen. 
§. 4. Dem Fangen im Sinne dieses Gesetzes wird jedes Nachstellen 
zum Zweck des Fangens oder Tödtens von Vögeln, insbesondere das Auf- 
stellen von Netzen, Schlingen, Leimruthen oder anderen Fangvorrichtungen 
gleichgeachtet. 
§. 5. Vögel, welche dem jagdbaren Feder= und Haarwilde und dessen 
Brut und Jungen, sowie Fischen und deren Brut nachstellen, dürfen nach Maß- 
  
1) Nicht nur Wohngebäuden, sondern auch Ställen und Scheunen. 
2) Vergl. §. 6 Abs. 2 Wildschonges. 26. Febr. 1870, unten S. 1357.
	        
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