Abschnitt III. Prüfung der Subalternbeamten. 121
Rechnungs= und Kassensachen erfahrenen Regierungs-Sekretär). Die Mitglieder
werden unter Vorbehalt des Widerrufs von dem Ober-Präsidenten ernannt.
Die Zusammensetzung der Kommission ist den Ressortministern anzuzeigen. —
Die Kommission faßt ihre Beschlüsse durch Stimmenmehrheit. — Der
Regierungs-Präsident am Orte der Prüfungs-Kommission ist befugt, den
Prüfungen beizuwohnen und auch berechtigt, den Vorsitz zu übernehmen. Im
letzteren Falle übt er das Stimmrecht aus und bei Stimmengleichheit entscheidet
seine Stimme. — Die Ressortminister behalten sich vor, Kommissarien aus der
Klasse der vortragenden Räthe und der Rechnungsbeamten zu den Prüfungen
zu entsenden. Erstere haben alsdann an Stelle des Regierungs-Präsidenten
und mit den gleichen Rechten den Vorsitz bei der mündlichen Prüfung zu über-
nehmen. Inwieweit die kommittirten Rechnungsbeamten der Ministerien bei
der Prüfung mitzuwirken haben, wird im Einzelfalle durch die Ressortchefs
bestimmt. — Die ständigen Vorsitzenden der Prüfungs = Kommissionen haben
über das Resultat der Prüfungen und über die dabei gemachten Wahrnehmungen
alljährlich durch Vermittelung des Regierungs-Präsidenten am Sitze der
Prüfungs-Kommission an den Ober-Präsidenten zu berichten, welcher diese
Berichte mit seinen Bemerkungen den Ressortministern einzureichen hat.
2. Die Prüfung ist eine schriftliche und mündliche. Die schriftliche
Prüfung geht der mündlichen voraus. — Die schriftliche Prüfung wird an
zwei Tagen während höchstens je 6 Stunden abgelegt. — Die Aufgaben, deren
Zahl der Vorsitzende der Kommission bestimmt, sind dem Gebiete der praktischen
Thätigkeit der Regierungs-Subalternbeamten, insbesondere auch dem Gebiete
des Kassen= und Rechnungswesens zu entnehmen. Für die Bearbeitung einer
jeden Aufgabe ist eine bestimmte, für einen mäßig Begabten ausreichende Zeit
festzusetzen. — Zur Bearbeitung der Aufgaben dürfen nur diejenigen Quellen
benutzt werden, welche die Prüfungs-Kommission zugelassen hat. — Die Be-
arbeitung der Aufgaben erfolgt am Sitze der Prüfungs-Kommission unter
Aufsicht eines Beamten.
3. Erachtet die Prüfungs-Kommission die sämmtlichen Arbeiten für völlig
mißlungen, so gilt die Prüfung als nicht bestanden. Die Prüfungs-Kommission
kann die Prüfung auch alsdann für nicht bestanden erachten, wenn der größere
Theil der Arbeiten oder auch nur die Kassen= und Rechnungsarbeiten völlig
Wsunge sind. In den vorgedachten Fällen unterbleibt die mündliche
rüfung.
4. Die mündliche Prüfung ist, ohne daß wissenschaftliche Anforderungen
bezüglich der Gesetzeskenntniß der Anwärter zu stellen sind, darauf zu richten,
ob der Anwärter sich die für den praktischen Dienst im Expeditions= und
Registraturfache, sowie im Kassen= und Rechnungswesen erforderlichen Kenntnisse
erworben hat. Derselbe muß mit den Grundzügen der Reichs= und der
Preußischen Verfassung und mit den in den verschiedenen Verwaltungszweigen
häufiger zur Anwendung kommenden Gesetzen, Reglements u. s. w. vertraut
sein, sowie eine gründliche Kenntniß von der Behörden-Organisation und den
Beamtenverhältnissen, ferner von den auf das Rechnungswesen und die Kassen-
verwaltung, sowohl bei der Regierungs-Hauptkasse als bei den Spezialkassen
der allgemeinen Verwaltung, bezüglichen Bestimmungen besitzen.
5. Die mündliche Prüfung ist nicht öffentlich. — Zu einem Prüfungs-
termin dürsen nicht mehr als 6 Anwärter zugelassen werden. — Die Ent-
scheidung darüber, ob die Prüfung überhaupt bestanden und im Bejahungsfalle,
ob dieselbe „ausreichend“, „gut“ oder mit „Auszeichnung“ bestanden sei, erfolgt
nach dem Gesammtergebnisse der schriftlichen und mündlichen Prüfung. —
Ueber den Gang der mündlichen Prüfung im Allgemeinen und das Gesammt-
ergebniß der Prüfung ist eine Verhandlung zu den Akten aufzunehmen.
6. Ueber das Ergebniß der Prüfung erhält der Anwärter ein von dem
Ober-Präsidenten ausgestelltes Zeugniß, welches demselben durch Vermittelung
des Regierungs-Präsidenten zuzustellen ist. — Die Wiederholung der nicht be-
standenen Prüfung ist nur einmal und zwar frühestens nach Ablauf einer
weiteren Vorbereitungszeit von 6 Monaten zulässig.
7. Anwärter, welche innerhalb 5 Jahren seit Beginn des Vorbereitungs-=
Dienstes die Prüfung nicht bestehen, sind in der Regel zu entlassen.