Abschnitt XXX. Gewerbegerichte. 1403
§. 16. Sind Wahlen nicht zu Stande gekommen, oder wiederholt für
ungültig erklärt, so ist die höhere Verwaltungsbehörde:) befugt,
a) die Wahlen, soweit sie durch Arbeitgeber oder Arbeiter vorzunehmen
waren, durch den Magistrat und, wo ein solcher nicht vorhanden ist
oder wo das Statut dies bestimmt, durch die Gemeindevertretung, in
weiteren Kommunalverbänden durch die Vertretung des Verbandes vor-
nehmen zu lassen;
b) sowett die Wahlen vom Magistrat oder der Gemeindevertretung oder
der Vertretung eines weiteren Kommunalverbandes vorzunehmen waren,
die Mitglieder selbst zu ernennen.
§. 17. Namen und Wohnort der Mitglieder des Gewerbegerichts werden
nach näherer Bestimmung des Statuts öffentlich bekannt gemacht.
#§. 18. Das Amt der Beisitzer ist ein Ehrenamt. Die Uebernahme kann
nur aus den Gründen verweigert werden, welche zur Ablehnung eines unbe-
soldeten Gemeindeamts berechtigen. Wo landesgesetzliche Bestimmungen über
die zur Ablehnung von Gemeindeämtern berechtigenden Gründe nicht bestehen,
darf die Uebernahme nur aus denselben Gründen verweigert werden, aus
welchen das Amt eines Vormundes abgelehnt werden kann. Wer das Amt
eines Beisitzers sechs Jahre versehen hat, kann während der nächsten sechs Jahre
die Uebernahme des Amts ablehnen. Ablehnungsgründe gewählter Beisitzer
sind nur zu berücksichtigen, wenn dieselben, nachdem der betheiligte Beisitzer
von seiner Wahl in Kenntniß gesetzt ist, schriftlich geltend gemacht werden.
Ueber den Ablehnungsantrag entscheidet die im §. 11 Abs. 2 bezeichnete
Stelle.
Die Beisitzer erhalten für jede Sitzung, der sie beigewohnt haben, Ver-
gütung etwaiger Reisekosten und eine Entschädigung für Zeitversäumniß. Die
Höhe der letzteren ist durch das Statut festzusetzen; eine Zurückweisung der-
selben ist unstatthaft?).
§. 19. Ein Mitglied des Gewerbegerichts, hinsichtlich dessen Umstände
eintreten oder bekannt werden, welche die Wählbarkeit zu dem von ihm be-
kleideten Amt nach Maßgabe dieses Gesetzes ausschließen, ist des Amts zu ent-
heben. Die Enthebung erfolgt durch die höhere Verwaltungsbehörde 9 nach
Anhörung des Betheiligten.
Ein Mitglied des Gewerbegerichts, welches sich einer groben Verletzung
seiner Amtspflicht culdig macht, kann seines Amts entsetzt werden. Die Ent-
setzung erfolgt durch das Landgericht, in dessen Bezirk das Gewerbegericht seinen
Sitz hat. Hinsichtlich des Verfahrens, und der Rechtsmittel finden die Vor-
schriften entsprechende Anwendung, welche für die zur Zuständigkeit der Land-
erichte gehörigen Strafsachen gelten. Die Klage wird von der Staatsanwalt-
chaft auf Antrag der höheren Verwaltungsbehörde ) erhoben.
§. 20. Der Vorsitzende des Gewerbegerichts und dessen Stellvertreter sind
vor ihrem Amtsantritt durch den von der höheren Verwaltungsbehörde ) beauf-
tragten Beamten, die Beisitzer vor der ersten Dienstleistung durch den Vor-
sitzenden auf die Erfüllung der Obliegenheiten des ihnen übertragenen Amts
eidlich zu verpflichten").
§. 21. Beisitzer, welche ohne genügende Entschuldigung zu den Sitzungen
nicht rechtzeitig sich einfinden oder ihren Obliegenheiten in anderer Weise sich
entziehen, sind zu einer Ordnungsstrafe bis zu dreihundert Mark, sowie in die
verursachten Kosten zu verurtheilen. Die Verurtheilung wird durch den Vor-
sitzenden ausgesprochen. Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so kann
die Verurtheilung ganz oder theilweise zurückgenommen werden.
1) Wegen der Zuständigkeit vergl. Anm. 2 zu S. 15.
2) Die Vergütungen für Reisekosten und Zeitversäumniß fallen den Parteien
nicht zur Last, Mot. S. 25.
2) Wegen der Zuständigkeit vergl. Anm. 3 zu §. 15 «
4)WegeuderVereidigung,auchderalöGerichtsichketberamttrendenPeksonen,
vergl. Res. 17. Febr. 1891 (M. Bl. S. 206).