Abschnitt III. Disziplinargesetz. 249
8. 9. Dauert die unerlaubte Entfernung länger als acht Wochen, so
hat der Beamte die Dienstentlassung') verwirkt.
Ist der Beamte dienstlich aufgefordert worden, sein Amt anzutreten oder
u demselben zurückzukehren, so tritt die Strafe der Dienstentlassung schon nach
ruchtlosem Ablauf von vier Wochen seit der ergangenen Aufforderung ein.
§. 10. Die Entziehung des Diensteinkommens (§. 8) wird von derjenigen
Behörde verfügt, welche den Urlaub zu ertheilen hat. Im Falle des Wider-
spruchs findet das förmliche Disziplinarverfahren statt.
§. 11. Die Dienstentlassung kann nur im Wege des förmlichen Dis-
ziplinarverfahrens ausgesprochen werden. Sie wird nicht verhängt, wenn sich
ergiebt, daß der Beamte ohne seine Schuld von seinem Amte fern gewesen ist.
§. 12. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen unerlaubter
Entfernung vom Amte und die Dienstentlassung vor Ablauf der Fristen (F. 9)
ist nicht ausgeschlossen, wenn sie durch besonders erschwerende Umstände als
gerechtfertigt erscheint.
§. 13. Die in dem §. 9 erwähnte Aufforderung, so wie alle anderen
Aufforderungen, Mittheilungen, Zustellungen und Vorladungen, welche nach
den Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgen, siud gültig und bewirken den Lauf
der Fristen, wenn sie demjenigen, an den sie ergehen, unter Beobachtung der
für gerichtliche Insinuationen?) vorgeschriebenen Formen in Person zugestellt,
oder wenn sie in seiner letzten Wohnung an dem Orte insinuirt werden, wo
er seinen letzten Wohnsitz im Inlande hatte. Die vereideten Verwaltungs-
beamten haben dabei den Glauben der Gerichtsboten.
§. 14. Die Disziplinarstrafen bestehen in
Ordnungsstrafen,
Entfernung aus dem Amte:).
§. 15. Ordnungsstrafen) sind:
1) Der Entlassung muß in jedem Falle ein förmliches Disziplinarverfahren ge-
mäß §. 22 vorhergehen, Erk. O. V. G. 8. Sept. 1883 (E. O. V. XII. 429).
2) Vergl. §§. 152 ff. der C. P. O. und §. 37 der Str. P. O.
:) Ueber die Behandlung der Begnadigungsgesuche der im Wege des Diszi-
plinarverfahrens aus dem Amte entfernten Beamten Res. 17. Nov. 1835 (J. M. Bl.
1854 S. 296 ff.); 13. Mai 1862 (M. Bl. S. 305) und A. E. 16. März 1878
(R. u. St. A. Nr. 83).
) Ordnungsstrafen sind zu den allgemeinen Staatsfonds einzuziehen und unter
den extraordinären Einnahmen zu verrechnen, St. M. B. 26. Okt. 1868.
Die von den Kreisausschüssen festgesetzten Disziplinarstrafen fließen zur Kreis-
kommunalkasse, Res. 12. Dez. 1874 (M. Bl. 1875 S. 3).
Die von den Landräthen gegen Kommunalbeamte festgesetzten Ordnungsstrafen
fließen zur Regierungs-Hauptkasse, Res. 6. Aug. 1841 (M. Bl. S. 210) und
12. Dez. 1874 (M. Bl. 1875, S. 3).
Den Magistraten ist die Verwendung der Ordnungs= und Disziplinarstrafen,
welche dieselben gegen ihre Unterbeamten verfügen, lediglich zu überlassen, Res.
20. Juli 1841 (M. Bl. S. 210).
Die gegen Beamte als Ordnungsstrafen verhängten Geldbußen dürfen, wenn der
betreffende Beamte zahlungsfähig ist, nicht in Gefängnißstrafe umgewandelt werden,
St. M. B. 2. März 1850 (M. Bl. S. 93). 6
Den Polizei-Kommissarien in der Provinz Posen steht ein Ordnungsstrafrecht
gegen die ihnen untergeordneten Ortsvorstände nicht zu, Res. 10. Mai 1875 (M. Bl.
S. 144), desgleichen nicht den Landräthen gegen die Amtsvorsteher (s. 68 Nr. 1
Kr. O. 13. Dez. 1872).
Res. 8. April 1879 (M. Bl. S. 107), betr. die Disziplinarbefugnisse der Ober-
Inspektoren, Obergrenz= und Obersteuer-Kontroleure. Z
Gegen die Deich= Unterbeamten (Damm= oder Wallmeister) kann der Deichhaupt-
mann Disziplinarstrafen bis zur Höhe von drei Thalern Geldbuße verfügen, sowie
nöthigenfalls ihnen die Ausübung der Amtsverrichtungen vorläufig untersagen,
§. 33 Ges. 14. Nov. 1853 (G. S. S. 935).