Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

12 Abschnitt I. Verfassung des Deutschen Reichs. 
zur Bewältigung des Güterverkehrs nöthigen Güterzüge inzuführen, auch 
direkte Expeditionen im Personen= und Güterverkehr unter Gestattung des 
Ueberganges der Transportmittel von einer Bahn auf die andere, gegen die 
übliche Vergütung einzurichten. 
Artikel 45. Dem Reiche steht die Kontrolle über das Tarifwesen zu. 
Dasselbe wird namentlich dahin wirken: 
1) daß baldigst auf allen Deutschen Eisenbahnen übereinstimmende Be- 
triebsreglements eingeführt werden; 
2) daß die möglichste Gleichmäßigkeit und Herabsetzung der Tarife erzielt, 
insbesondere, daß bei größeren Entfernungen für den Transport von 
Kohlen, Koaks, Holz, Erzen, Steinen, Salz, Roheisen, Düngungsmitteln 
und ähnlichen Gegenständen ein dem Bedürfniß der Landwirthschaft 
und Industrie entsprechender ermäßigter Tarif, und zwar zunächst 
thunlichst der Einpfennig-Tarif eingeführt werde. 
Artikel 46. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei unge- 
wöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, sind die Eisenbahnverwaltungen ver- 
pflichtet, für den Transport, namentlich von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten und 
Kartoffeln, zeitweise einen dem Bedürfniß entsprechenden, von dem Kaiser auf 
Vorschlag des betreffenden Bundesraths-Ausschusses festzustellenden, niedrigen 
Spezialtarif einzuführen, welcher jedoch nicht unter den niedrigsten auf der 
betreffenden Bahn für Rohproducte geltenden Satz herabgehen darf. 
Die vorstehend, sowie die in den Artikeln 42 bis 45 getroffenen Be- 
stimmungen sind auf Bayern nicht anwendbar. " 
Dem Reiche steht jedoch auch Bayern gegenüber das Recht zu, im Wege 
der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Ausrüstung der 
für die Landesvertheidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen. 
Artikel 47. Den Anforderungen der Behörden des Reichs in Betreff 
der Benutzung der Eisenbahnen zum Zweck der Vertheidigung Deutschlands 
haben sämmtliche Eisenbahnverwaltungen unweigerlich Folge zu leisten. Ins- 
besondere ist das Militär und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten 
Sätzen zu befördern. 
VIII. Post= und Telegraphenwesen. 
Artikel 48. Das Postwesen und das Telegraphenwesen 1) werden für 
das gesammte Gebiet des Deutschen Reichs als einheitliche Staatsverkehrs= 
Anstalten eingerichtet und verwaltet. » 
Die im Artikel 4 vorgesehene Gesetzgebung des Reichs in Post= und 
Telegraphen-Angelegenheiten erstreckt sich nicht auf bieienigen Gegenstände, 
deren Regelung nach den in der Norddeutschen Post= und Telegraphen-Ver- 
waltung maßgebend gewesenen Grundsätzen der reglementarischen Festsetzung 
oder administrativen Anordnung überlassen ist2?. · 
Artikel 49. Die Einnahmen des Post= und Telegraphenwesens sind 
für das ganze Reich gemeinschaftlich. Die Ausgaben werden aus den gemein- 
schaftlichen Einnahmen bestritten. Die Ueberschüsse fließen in die Reichskasse 
(vergl. Abschn. XlI). — 
Artikel 50. Dem Kaiser gehört die obere Leitung der Post- und 
Telegraphen-Verwaltung an. Die von ihm bestellten Behörden haben die 
Pflicht und das Recht, dafür zu sorgen, daß Einheit in der Organisation der 
Verwaltung und im Betriebe des Dienstes, sowie in der Qualifikation der 
Beamten hergestellt und erhalten wird. 4 
Dem Kaiser steht der Erlaß der reglementarischen Festsetzungen und 
allgemeinen administrativen Anordnungen:) sowie die ausschließliche Wahr- 
  
1) Unter den Begriff der Telegraphen im Sinne des §. 48 fallen auch Fernsprech- 
(Telephon-) Anlagen. Es kann daher der Einrichtung und dem Betriebe solcher An- 
lagen durch andere als die Reichs-Telegraphenverwaltung oder durch diejenigen, welchen 
die Anlage und der Betrieb von Telegraphenlinien für bestimmte Strecken gestattet 
ist, im polizeilichen Wege entgegengetreten werden, Res. 27. Okt. 1880 (M. Bl. S. 305). 
Vergl. 8. 1 Telegraphenges. 6. April 1892 (R. G. Bl. S. 467). 
2) Vergl. §. 50 Postges. 28. Okt. 1871 (N. G. Bl. S. 347). Danach gebühr:
	        
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