Abschnitt IV. Staatsangehörigkeit. 299
trittes aus dem Reichsgebiete oder, wenn der Austretende sich im Besitz eines
Reisepapiers !) oder Heimathsscheines befindet, von dem Zeitpunkte des Ab-
laufes dieser Papiere an gerechnet. Sie wird unterbrochen durch die Ein-
tragung in die Matrikel eines Reichskonsulates:). Ihr Lauf beginnt von
Neuem mit dem auf die Löschung in der Matrikel folgenden Tage.
Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich
zugleich auf die Ehefrau und die unter väterlicher Gewalt stehenden minder-
sährigen Kinder, soweit sie sich bei dem Ehemanne, beziehungsweise Vater be-
finden?).
Für Deutsche, welche sich in einem Staate des Auslandes mindestens
fünf Jahre lang ununterbrochen aufhalten und in demselben zugleich die
Staatsangehörigkeit erwerben, kann durch Staatsvertrag die zehnjährige Frist
bis auf eine fünfjährige vermindert werden"), ohne Unterschied, ob die Be-
tbeiligten sich im Besitze eines Reisepapiers oder Heimathsscheines befinden
oder nicht.
Deatschen, welche ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Aufenthalt
im Auslande verloren und keine andere Staatsangehörigkeit erworben haben,
kann die Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimathsstaate wieder verliehen
werden, auch ohne daß sie sich dort niederlassen?).
Deutsche, welche ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Aufenthalt
im Auslande verloren haben) und demnächst in das Gebiet des Deutschen
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Zu Anmerkung 9 auf S. 298.
nicht dispositionsfähige und minderjährige Reichsangehörige von dieser Bestimmung
betroffen werden. Entgegen einem Erk. 15. Juni 1894 (E. Crim. XXV. 415) haben
sich die Erk. R. G. 4 Febr. und 28. Nov. 1895 (E. Crim. XXVI. 427 und XXVIII.
24) für die letztere Alternative entschieden.
1) Dazu gehören grundsätzlich nur die Paßkarten und die eigentlichen Reisepässe,
Ausf. Best. 30. Dez. 1867 (M. Bl. 1868 S. 4); doch wird man auch anderen,
von zustä ndigen Behörden ausdrücklich zur Reise ins Ausland ertheilten Dokumenten,
z. B. Dienst-, Seefahrtsbücher, Militärpässen den Charakter eines Reisepapiers nicht
abstreiten dürfen.
2) Vergl. §. 12 des Gesetzes, betr. die Organisation der Bundeskonsulate, 8. Nov.
1867 (B. G. Bl. S. 137).
3) Minorenne, die ohne den Aufenthalt mit ihrem Vater zu theilen, sich
10 Jahre lang im Auslande aufhalten, verlieren dadurch nicht das Indigenat, Res.
24. April 1867 (M. Bl. S. 134). Auch für Irrsinnige läuft diese Präkluftofrist
nicht, Res. 14. Mai 1868 (M. Bl. S. 181).
4) Die obige Vorschrift, welche die Bestimmungen des Staatsvertrages 22. Febr.
1868 mit den Vereinigten Staaten von Amerika (unten S. 306) aufrecht erhalten
soll, setzt zum Eintritt des Verlustes der inländischen Staatsangehörigkeit voraus, daß
der mindestens fünf Jahre lang ununterbrochene Aufenthalt in einem Staate des
Auslandes und die Erwerbung der Staatsangehörigkeit in demselben mit einander im
Zusammenhange stehen. Liegt zwischen dem gedachten Aufenthalt und der Erwerbung
der ausländischen Staatsangehörigkeit ein längerer Zeitraum, so tritt der Verlust der
inländischen Staatsangehörigkeit nicht ein, Erk. R. G. 2. Juni 1881 (E. Crim IV. 272).
5) Bei Prüfung von Renaturalisationsgesuchen auf Grund des §. 21 al. 4 ist
auch die Thatsache der Nichterfüllung der Militärpflicht wesentlich mit zu berücksichtigen
und der Regel nach die in dieser Renaturalisation liegende besondere Vergünstigung
solchen Personen, welche wegen unerlaubter Auswanderung gerichtlich bestraft worden
find, so lange zu versagen, als die Erfüllung des betreffenden Straferkenntnisses oder
der Erlaß der Strafe im Gnadenwege nicht nachgewiesen ist, Res. 25. Juni 1875
(M. Bl. S. 228). ·
Im Uebrigen ist von der Befugniß des 8. 11 R. M. G. 2. Mai 1874 bei
Rückkehr Ausgewanderter regelmäßig Gebrauch zu machen, sofern die Betreffenden
für den Militärdienst voll tauglich und keine Verhältnisse vorliegen, die ihre Be-
freiung aus gesetzlichen Reklamationsgründen zur Folge haben müssen, Res. 25. Okt.
1895 (M. Bl. S. 224).
64) Und keine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, Erk. O. V. G.
3. Febr 1894 (M. Bl. 1894 Nr. 3). Hieraus ist aber nicht zu folgern, daß auch