Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

330 Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz 8. 12. 
ilt der übliche Umzugstermin als Anfang des Aufenthalts, sofern nicht zwischen 
befem Termine und dem Tage, an welchem der Aufenthalt wirklich beginnt, 
ein mehr als siebentägiger Zeitraum gelegen hat ?. 
§. 12. Wird der Aufenthalt unter Umständen begonnen, durch welche 
die Annahme der freien Selbstbestimmung?) bei der Wahl, des Aufenthalts- 
ortes ausgeschlossen wird, so beginnt der Lauf der zweijährigen Frist erst mit 
dem Tage, an welchem diese Umstände aufgehört haben. Z„ 
Treten solche Umstände erst nach Beginn des Aufenthalts ein, so ruht) 
während ihrer Dauer der Lauf der zweijährigen Frist. 
— 
Zu Anmerkung 5 auf S. 329. 
Dagegen ist der wirkliche Tag der Entfernung, der Rückkehr allein maßgebend 
wenn es sich darum handelt, ob der bereits begonnene Lauf der Frist eine Unter- 
brechung erfahren habe, W. XIX. 7; XXIII. 9. 
4) Es soll hier eine praesumtio juris et de jure eintreten und der Umzug ohne 
Zulassung des Gegenbeweises als geschehen gelten, es sei denn, daß die Gegen- 
partei beweisen kann, es habe ein größerer als 7 tägiger Zeitraum zwischen dem 
gesetzlichen Termine und dem wirklichen Umzuge gelegen, Sten. Ber. des Reichst. 
des Nordd. Bundes, Sitzung vom 28. Febr. 1880 S. 929. 6 
Die gesetzliche Präsumtion des §. 11. Abs. 3, betr. den Umzugstermin des Ge- 
sindes gilt nicht bloß für den Beginn, sondern auch für das Ende des zweijährigen 
Aufenthaltes, Erk. 8. März 1876 (W. VII. 2). Vergl. §. 23 Abfs. 3. 
Die Bestimmung im §. 11 Abs. 3 (und also auch §. 23 Abs. 3) findet auch auf 
Miethsleute Anwendung, welche nicht in einem festen, auf bestimmte längere Zeit 
eingegangenen Arbeits= oder anderen ähnlichen Verhältnissen am Orte ihres Aufent- 
haltes stehen, Erk. 18. Jan. 1879 (W. XI. 10). 
2) Wegen Berechnung des Anfangs= und Endtermins derjenigen Zeit, während 
deren der Lauf der Frist wegen mangelnder Selbstbestimmung als ruhend anzusehen 
ist vergl. Erk. 1. Nov. 1884 (W. XVII. 10). 
Geisteskrankheit, durch welche die Annahme der freien Selbstbestimmung bei der 
Wahl des Aufenthaltsortes ausgeschlossen wird, verhindert nicht nur den Beginn, 
sondern auch den ferneren Lauf sowohl der Anwesendeitsfrist (§. 12), wie der Ab- 
wesenheitsfrist (s. 24), Erk. 15. Jau. 1887 (W. XIX. 9). Vergl. W. III. 1. 
Die Annahme der freien Selbstbestimmung bei der Wahl des Aufenthaltsortes 
in den Fällen der §§. 12 und 24 ist nicht ausgeschlossen, wenn die betreffende Person 
zeitweise an Wahnideen und an Melancholie leidet, Erk. 9. Sept. 1876 (W. VII. 6) 
und 3. März 1877 (W. VIII. 22) oder sehr beschränkten Geistes ist, Erk 10. und 
28. Mai 1881 (W. XIII. 7 und 10), sowie Erk. W. XV. 5ff; XVI. 8t NIX. 13ff.; 
XXII. 5; XXIII. 11, — oder wegen Verschwendungssucht unter Kuratel gestellt 
wird, Erk. 20. Jan. 1877 (W. VIII. 22). Auch eine erfolgte gerichtliche Entmün- 
digung ist nicht unbedingt maßgebend, W. XXV. 4. Sie ist ausgeschlossen während 
eines Zwangsaufenthalts im Irrenhause oder der Verbüßung einer Freiheitsstrafe, 
W. III. 36; V. 1, doch ruht hier der Fristenlauf nur, der Aufenthalt vor Beginn 
und nach Ablauf der Fristen wird zusammengerechnet. Sie ist ferner ausgeschlossen, 
wenn jemand durch polizeiliche Maßregeln in der freien Wahl des Aufenthaltsorts 
thatsächlich behindert war, W. XIII. 11; V. 2. Der Erwerb eines Unterstützungs- 
wohnsitzes durch freiwillig zwei Jahre hindurch fortgesetzten Aufenthalt wird aber 
nicht dadurch ausgeschlossen, daß die betreffende Person ursprünglich wider ihren 
Willen und in gesetzlich nicht gerechtfertigter Weise dem Aufenthaltsorte zugeschoben 
worden war, Erk. 26. April 1884 (W. XVI. 6). Desgl. gilt die freie Selbst- 
bestimmung nicht deshalb als ausgeschlossen, weil jemand durch schwere Erkrankung 2c. 
am Wechsel des Aufenthaltes verhindert wird, W. XIV. 11; oder weil er wegen 
wirthschaftlicher Unselbständigkeit oder Erwerbsunfähigkeit den väterlichen Haushalt 
nicht verlassen kann, XVI. 8, 45; oder weil er in Folge dienstlicher Stellung an 
einem Orte sich aufzubalten verpflichtet ist, XXI. 13; oder weil er nach Abbrennen 
seines Hanses an dem bisherigen Wohnorte kein Unterkommen gefunden hat und nun 
solches in einer Nachbargemeinde suchen muß, XXIII. 1 
3) Eine unterbrochene Frist muß von Neuem begonnen werden; wenn sie 
nur ruht, so wird sie nach Beseitigung des Hemmnisses fortgesetzt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.