Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

338 Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz §s§. 20—22. 
gleschstelz#den Kinder den Unterstützungswohnsitz der Mutter in dem Umfange 
des §. 
PBüich- gilt im Falle des §. 17, sofern die Kinder bei der Trennung 
vom Hausstande des Vaters der Mutter gefolgt sind?). 
§. 20. Bei der Scheidung der Ehes) theilen die ehelichen und den ehe- 
lichen gesetzlich gleichstehenden Kinder in dem Umfange des §F. 18 den Unter- 
stützungswohnsitz der Mutter, wenn dieser die Erziehung der Kinder zusteht. 
§. 21. Uneheliche Kinder theilen in dem Umfange des §. 18 den Unter- 
stützungswohnsitz der Mutter!?). 
Berlust des Unterstützungswohnsitzes. 
§. 22. Der Verlust des Unterstützungswohnsitzes tritt ein durch 
1. Erwerbung eines anderweitigen Unterstützungswohnsitzes, 
2. zweijährige ununterbrochene Abwesenheit?) nach zurückgelegtem acht- 
Zehnten6) Lebensjahre?). 
1) Auch der bei Lebzeiten des Vaters nach §. 17 Ges. selbständigen Mutter 
folgen nach Auflösung der Ehe durch Tod des Vaters die ehelichen Kinder; selbst 
wenn sie ihr bei Lebzeiten des Vaters nicht in den eigenen Hausstand gefolgt waren 
W. XXII. 43. « 
Nach Auflösung der Ehe durch den Tod des Baters theilen die Kinder aus 
dieser Ehe den Unterstützungswohnsitz der in zweiter Ehe, aber befugter Weise getrennt 
von ihrem zweiten Ehemann lebenden Mutter auch dann, wenn sie ihr nicht in den 
eigenen Hausstand gefolgt sind. §. 19 Abs. 2 bezieht sich nur auf die den getrennt 
lebenden Eheleuten gemeinsamen Kinder. Dem Stiefvater folgen sie in allen Fällen 
nur insoweit, als nach dem Unterstützungswohnsitz des Stiefoaters sich auch der 
Unterstützungswohnsitz, bezw. der letzte Unterstützungswohnsitz der Mutter bestimmt 
Erk. 18. Okt. und 15. Nov. 1884 (W. XVII. 61 ff.; XVIII. 34). * 
2:) Vergl. W. XVII. 57 f.; XXII. 25; XXIII. 58; XXIV. 32. Entscheidend 
ist, daß die Kinder bei der Trennung vom Hausstande des Vaters der Mutter gefolgt 
sind, XXIV. 34. Hieran ändert nichts, so lange während der Ehe die Eheleute 
thatsächlich getrennt sind, daß der Vater die Kinder zu sich nimmt, oder daß sie sonst 
aus dem Hausstande der Mutter ausscheiden, XXIII. 63. 
Wird jedoch die Ehe aufgelöst durch Tod des Vaters oder Scheidung, so regelt 
sich der Unterstützungswohnsitz der Kinder nach §. 18, wenn der Vater überlebt, ohne 
daß es der Wiederaufnahme in dessen Haushalt bedarf, nach §. 19 Abs. 1, wenn die 
Mutter überlebt, nach s. 20 im Falle der Scheidung. §. 19 Abs. 2 bezieht sich eben 
nur auf die Zeit der Selbständigkeit der Mutter während der Ehe, XXV. 32. 
*) Kinder aus geschiedener Ehe theilen den Unterstützungswohnsitz, den die Mutter 
durch Wiederverheirathung erwirbt, wenn ihr rechtlich die Erziehung der Kinder 
zusteht. Die thatsächliche Erziehung durch die Mutter entscheidet nicht, W. VIII. 39. 
XIV. 42; XVI. 48; XVII. 39; XXVI. 55. J 
Wenn einer geschiedenen Ehefrau die Erziehung der Kinder nicht zusteht, so folgen 
sie ihr auch nicht nach dem später erfolgenden Tode des Vaters, W. XII. 28. 
1) Uneheliche Kinder theilen den Unterstützungswohnsitz, welchen die Mutter 
durch Verheirathung erwirbt, Erk. 19. Jan. 1874 (W. IV. 14), 17. April 1875 
( VI. 17) und 2. April 1881. Sie theilen den Unterstützungswohnsitz der Mutter 
aber keineswegs den der Großmutter, sie behalten nach dem Tode der Mutter den 
Unterstützungswohnsitz derselben, bis sie nach den Vorschriften des Reichsgesetzes einen 
selbstäudigen Unterstützungswohnsitz erworben oder den bisherigen verloren haben 
Erk. 27. Nov. 1875 (W. VII. 29). * 
2) Durch vorübergehende Besuche wird die zweijährige Abwesenheitsfrist des 
§. 22 Nr. 2 nicht unterbrochen, Erk. 2. März 1878 (W. X. 2) und 21. Mai 1881 
(W. XIII. 1). Vergl. Aum. zu §. 13. 
Nicht der beklagte Armenverband, in dessen Bezirk Jemand früher den Unter- 
stützungswohnsitz besaß, hat zu beweisen, daß der Unterstützungswohnsitz verloren 
gegangen sei, vielmehr hat der klagende Armenverband zu beweisen, daß der von ihm 
vorläufig Unterstützte im Bezirke des Beklagten noch zur Zeit des Eintritts der 
Hülfsbedürftigkeit den Unterstützungswohnsitz hatte, Erk. 13. Dezbr. 1885 (W. XVIII. 
37). Inebesondere liegt auch dem klagenden Armenverband die Beweislast ob, wenn 
er behaupten will, daß der seit Jahren Abwesende gleichwohl wegen dauernder Geistes- 
 
	        
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