Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz §. 28. 341
—
–.
Zu Anmerkung 4 auf S. 340.
amtes lediglich darauf an, ob der Unterstützte im betreffenden Angenblick von sofort
realisirbaren Mitteln entblößt war, IX. 23 —29.
Der Erstattungsanspruch des vorläufig unterstützenden Orts-Armenverbandes ist
nicht ausgeschlossen, wenn sich nachträglich herausstellt, daß der Unterstützte im Besitze
von Mitteln war, gleichzeitig aber sich ergiebt, daß dies dem unterstützenden Armen-
verbande ohne dessen Schuld unbekannt geblieben war, Erk. 11. April u. 20. Juni
1885 (W. XXVII. 73 ff.).
Die Hülfsbedürftigkeit und der Anspruch auf Erstattung der Kosten wird
im Falle des §. 28 durch das Vorhandensein eines geringen, nicht sofort zu ver-
silbernden Grundbesitzes nicht ausgeschlossen, Erk. 18. Mai 1874 (W. IV. 30)
und 4. März 1882 (W. XIV. 54), desgleichen nicht durch das Vorhandensein gering-
sügiger Effekten, Erk. 12. Sept. 1874 und 13. Febr. 1875 (W. IV. 43 und 44),
Erk. 22. April und 27. Mai 1876 (W. VII. 32).
Der Erstattungsanspruch wird auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß der vor-
läufig Unterstützte Kapitalvermögen oder vermögende alimentationspflichtige Ver-
wandte besitzt, wenn das Kapitalvermögen nicht sofort realisirbar ist, oder die
Verwandten nicht ohne Weiteres zur Fürsorge herangezogen werden können, W. VIII.
44; VI. 26; IX. 27; XI. 43; XXII. 79, 80; XXIV. 75, 80, 86 ff.).
Die wohnliche Unterbringung eines zwar augenblicklich obdachlosen, aber an und
für sich völlig arbeitsfähigen Menschen ist lediglich als eine polizeiliche Maßregel
anzusehen, auf welche das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz nicht Anwendung
findet, Erk. 3. Sept. 1887 und 28. Jan. 1888 (W. XX. 86— 90). Es ist gleich-
falls nicht als ein Akt der Armenpflege anzusehen, wenn geistesschwache, blinde oder
taubstumme Kinder jum Zwecke einer möglichst guten Erziehung in eine Irreupflege-
oder Idioten-Anstalt untergebracht werden, W. XX. 91— 93; XXI. 94, 99; XXIII.
34, 98; auch nicht nach dem Ges. 11. Juni 1891, XXVII. 53—60.
Auch für arbeitsfähige oder nicht völlig mittellose Personen kann zeitweise die
öffentliche Armenpflege und eine vorläufige Unterstützung nothwendig werden, Erk.
5 Febr. 1876 (W. VIII. 31), 29. Juni 1878 (W. XA. 67— 69) und 11. Okt.
1879 (W. Xl. 44 und XVII. 77 ff.). Hierher gehört die Gewährung von Kleidungs-
stücken, damit der Hülfsbedürftige sich nach einer Stelle umsehen kann, XVI. 81,
von Geld an entlassene Strafgefangene während der ersten Zeit nach der Entlassung,
VII. 39; VIII. 42, Zahlung der Gewerbesteuer oder Gewährung der Mittel zum
Gewerbebetrieb XII. 4; XIII. 72, Gewährung einer Wohnung an eine obdachlose
Person, XXI. 79; XXIII. 86. Der Erstattungsanspruch wird in solchen Fällen
nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Verpflegte irgend welche Vermögensobjekte besitzt,
vielmehr genügt das Nichtvorhandensein parater Mittel, um den Er-
stattungsanspruch gegenüber dem definitiv verpflichteten Armenverbande zu begründen,
Erk. 24. Okt. 1874 (W. V. 51), vergl. auch W. XVI. 18. (In casu handelte es
sich um die Kosten der Beerdigung des Kindes eines mit seiner Familie auf der
Reise befindlichen arbeitsfähigen, aber zur Zeit von allen Geldmitteln entblößten
Arbeiters.)
Der Erstattungsanspruch wird durch die Arbeitsfähigkeit des Unterstützten — so
lange es demselben an Gelegenheit zur Arbeit gefehlt hat — nicht un-
bedingt ausgeschlossen, Erk. 20. April, 17. Febr., 15. Sept., 6. Okt. 1883 (W. XV.
49—54, 58). Die betreffenden Gemeinden sind aber verpflichtet, Arbeitsscheue durch
die gesetzlichen Zwangsmittel zu einem geordneten Lebenswandel zurückzuführen und
können nur das zurückerstattet verlangen, was bei der augenblicklichen Be-
dürftigkeit der betreffenden Familie unerläßlich war, W. XV. 57 und 59; XVII.
78; XIX. 76, 77; XX. 64; XXII. 71.
Die nothwendige Unterstützung darf auch demjenigen Hülfsbedürftigen nicht ver-
sagt werden, welcher lediglich um bessere Pflege zu finden, den Ort, wo das Unter-
stützungsbedürfniß zuerst hervortrat, verlassen hat und nun an einem anderen Orte
die Armenfürsorge in Anspruch nimmt. Die Kosten des Rücktrausportes (Abschieben)
dürfen nicht liquidirt werden, wenn nicht die Annahmeerklärung des angeblich ver-
pichteren Armenverbandes erfolgt ist, Erk. 27. März und 29. Mai 1875 (W. VI.
20 —23).
Auf die Ursache der Hülfsbedürftigkeit kommt es nicht an, XIX. 74, falls nicht
etwa der Armenverband des Aufenthaltsortes selbst, bezw. seine Vertreter, durch un-