Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz §§. 47—53. 371 
kann entweder zugleich mit der Anmeldung der letzteren oder innerhalb vier 
Wochen nach diesem Termine derselben Behörde eingereicht werden. 
Von sämmtlichen Schriftsätzen, sowie von den etwaigen Anlagen derselben 
sind Duplikate beizufügen. 
§. 47. Die eingegangenen Duplikate werden von der zuständigen Behörde 
der Gegenpartei zur schriftlichen, binnen vier Wochen nach der Behändigung in 
zwei Exemplaren einzureichenden Gegenerklärung zugefertigt. 
§. 48. Nach Ablauf dieser Frist legt die nämliche Behörde die sämmt- 
lichen Verhandlungen nebst ihren Akten dem Bundesamte vor. 
§. 49. Erachtet das Bundesamt vor Fällung der Entscheidung noch eine 
Aufklärung!) über das Sach= und Rechtsverhältniß für nöthig, so ist dieselbe 
unter Vermittelung der zuständigen Landesbehörde vorzunehmen. 
§. 50. Die Entscheidung des Bundesamtes erfolgt gebührenfrei in öffent- 
licher Sitzung nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien. 
Das Erkenntniß wird schriftlich, mit Gründen versehen, den Parteien durch 
Vermittaluug derjenigen Behörde (§F. 46) zugefertigt, gegen deren Beschluß es 
ergangen ist. 
§. 51. Gegen die Entscheidung des Bundesamtes ist ein weiteres Rechts- 
mittel nicht zulässig. 
§. 52. Bis zu anderweitiger, von Bundeswegen erfolgender Regelung 
der Kompetenz des Bundesamtes für das Heimathwesen kann durch die Landes- 
gesetzgebung eines Bundesstaates bestimmt werden, daß die Vorschriften der 
§§. 38 bis 51, 56 Absatz 2 dieses Gesetzes für die Streitsachen zwischen Armen- 
verbänden des betreffenden Bundesstaates ?) in Wirksamkeit treten sollen. 
Exekution :) der Entscheidung. 
§. 53. In den Streitsachen über die durch dieses Gesetz geregelte öffent- 
liche Unterstützung Hülfsbedürftiger ist die Entscheidung der ersten Instanz, aus- 
genommen in dem Falle des §. 57, sofort vollstreckbar. 
Im Uebrigen findet die Exekution statt: 
a) auf Grund und in den Grenzen eines von dem in Anspruch genommenen 
Armenverbande ausgestellten Anerkenntnisses (§. 50); 
b) auf Grund der endgültigen Entscheidung. 
Die Vollstreckung der Exekution liegt der zur Entscheidung in erster Instanz 
zuständigen Behörde des verpflichteten Armenverbandes ob, und ist bei derselben 
unter Beifügung der bezüglichen Urkunden zu beantragen. 
  
  
Zu Anmerkung 4 auf S. 370. 
des Appellanten gekommen sind, Erk. 24. Nov. 1873 (W. III. 117) und 11. Sept. 
1872 (W. V. 124). 
In der Berufungsinstanz findet die Erhebung einer Widerklage nicht statt, Erk. 
29. Jan. 1887 (W. XIX. 162). 
1) Erk. 30. April 1887 (W. XX. 151), Fall einer von Amtswegen verfügten 
Beweisaufnahme. 
2) Das Bundesamt für das Heimathwesen fungirt als Reichsbehörde auch bei 
der durch die Bundesgesetzgebung gemäß §. 52 ihm übertragenen Entscheidung von 
Streitsachen unter Armenverbänden, welche einem und demselben Bundesstaate ange- 
hören. Es hat auch in diesen Srreitsachen über seine Zuständigkeit ausschließlich 
selbst zu befinden und ist an die bezüglichen Aussprüche einer Landesbehörde nicht ge- 
bunden, Erk. 5. Juni 1886 (W. XVIII. 145). 
2) Die Exekution der ergangenen rechtskräftigen Entscheidung gebührt der zu- 
ständigen Landesbehörde. Bezüglich der hierbei sich ergebenden Streitigkeiten findet 
die Beschwerde an das Bundesamt nicht statt; auch in der Form einer Berufung 
(§. 46) kann das Bundesamt mit einer solchen Beschwerde nicht befaßt werden. Dies 
gilt namentlich auch in dem Falle, wenn Streit darüber entsteht, ob nach Landesgesetz 
bei hervortretender Zahlungsunfähigkeit des rechtskräftig verurtheilten Orts-Armen- 
verbandes Zahlung statt dessen von dem betreffenden Land-Armenverbande verlangt 
werden kann, Erk. 9. Jan. und 6. März 1886 (W. XVIII. 138 ff.), 19. März und 
30. April 1887 (W. XIX. 164 ff.). 
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