394 Abschnitt V. Armenwesen. Tarif der Armenpflegekosten.
Kreise Biedenkopf aus der Staatskasse pro 1870 geleisteten Zuschüsse
dem Landarmenverbande des Regierungsbezirks Wiesbaden überwiesen
werden;
6. für die ehemaligen Bayerischen Landestheile die Verordnung über das
Armenwesen vom 17. November 1816 (Bayerisches G. Bl. S. 720 ff.),
das Gesetz über die Heimath vom 11. September 1825 (ebenda S. 103 ff.),
das revidirte Gesetz über Ansässigmachung und Verehelichung vom
11. September 1825 und 1. Juli 1834 (ebenda S. 133 ff.), das Gesetz
über die Unterstützung und Verpflegung hülfsbedürftiger und erkrankter
Personen vom 25. Juli 1850 (ebenda S. 341 ff.).
Es werden überdies alle gesetzlichen Bestimmungen aufgehoben!), welche
die Erhebung einer Abgabe von öffentlichen Lustbarkeiten zu Armen-
zwecken vorschreiben. Die Befugnisse der Gemeindebehörden, die Einführung
oder Forterhebung solcher Abgaben nach Maßgabe der Gemeindeberfassungsgesetze
zu beschließen, wird durch diese Bestimmung nicht berührt.
Tarif?)
der von den Preußischen Armenverbänden zu erstattenden Armen—
pflegekosten. Vom 2. Juli 1876 (M. Bl. S. 259).
1. Der Tarifsatz, mit welchem die für die Verpflegung eines erkrankten
oder arbeitsunfähigen Hülfsbedürftigen im Alter von 14 und mehr Jahren
) Durch oben stehende Bestimmung sind nur diejenigen Gesetze und allgemeinen
gesetzlichen Bestimmungen aufgehoben, welche die Erhebung von Abgaben der in Rede
stehenden Art zu Armenzwecken vorschreiben, nicht aber diejenigen Beschlüsse der
Gemeindebehörden, durch welche bisher auf Grund des Gemeindeverfassungs-Gesetzes
derartige Abgaben eingeführt worden find. Ueberall da, wo die Existenz solcher
Abgaben nicht lediglich auf den nach §. 74 aufgehobenen Gesetzen 2c., sondern auf
rite gefaßten Gemeindebeschlüssen beruht, wird es daher zur unveränderten Fort-
erhebung der qu. Abgaben eines erneuerten, der höheren Genehmigung unterliegenden
Gemeindebeschlusses nicht bedürfen, Res. 4. Sept. 1871. Vergl. Res. 30. Nov. 1876
(M Bl. 1877 S. 14), E. O. V. XII. 147, 151 und §§. 2, 6, 15 Kom. Abg.
Ges. 14. Juli 1893.
Befreiung der Armenverbände von der Erbschaftssteuer, Erk. R. G. 24. Sept.
1889 (M. Bl. 1890 S. 37) und Nr. 2f des Tarifes zum Erbschaftssteuerges. 24. Mai
1891 (G. S. S. 798).
2) Vergl. auch Anm. 1 auf S. 106.
Der Tarif findet nur auf Fälle Anwendung, in denen zwei Preußische
Armenverbände mit einander streiten, Erk. 15. Sept. 1873 (W. III. 82).
Der Preußische Tarif ist in allen Streitsachen zwischen Preußischen Armenver-
bänden maßgebend, selbst dann, wenn der zur Kostenerstattung verpflichtete Armen-
verband sich einer ungerechtfertigten Verzögerung bei Uebernahme des Hülfsbedürftigen
schuldig. zai hat, Erk. 3. Febr. 1877 (W. VIII. 116) und 15. Sept. 1877
W. 1X. 104).
Der Tarif beschränkt sich keineswegs darauf, solchen Armenverbänden das Maß
der zu liquidirenden Vergütung vorzuschreiben, welche die Armenpflege in einer hierzu
eingerichteten Anstalt zu gewähren in der Lage sind, sondern stellt die Tarifsätze für
Verpflegung erwachsener Kranken oder arbeitsunfähiger Personen auf, mag die Ver-
pflegung innerhalb oder außerhalb eines Armenhauses bewirkt worden sein; am
wenigsten aber macht er einen Unterschied zwischen der Benutzung eigener und fremder
Krankenanstalten. Die Anwendung des Tarifes wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß
ein Armenverband zu verpflegende Kranke in einer fremden Krankenanstalt hat unter-
bringen und dieser Anstalt höhere Vergütungssätze bewilligen müssen oder dadurch, daß
der zur Uebernahme der definitiven Fürsorge verpflichtete Verband die Uebernahme
verzögert, Erk. 15. Sept. und 10. Nov. 1877 (W. IX. 104—106). Vergl. W. XlX.
122; XXI. 138.