420 Abschnitt VI. Polizeigesetz.
§. 7. Zu Verordnungen über Gegenstände der landwirthschaftlichen!)
Polizei ist die Zustimmung der Gemeindevertretung erforderlich. Die Be-
rathung erfolgt unter dem Vorsitze des mit der örtlichen Polizei-Verwaltung
beauftragten Beamten.
§. 8. Von jeder ortspolizeilichen Verordnung ist sofort eine Abschrift an
die zunächst vorgesetzte Staatsbehörde einzureichen.
§. 9. [Der Regierungspräsident?) ist befugt, jede ortspolizeiliche Vor-
förte durch einen förmlichen Beschluß unter Angabe der Gründe außer Kraft
u setzen.
Dem Beschlusse muß, mit Ausnahme dringender Fälle, eine Berathung mit
dem Bezirksrathe vorhergehen. Die Erklärung des Letzteren ist entscheidend:
1. wenn eine ortspolizeiliche Vorschrift außer Kraft gesetzt werden soll, weil
sie das Gemeindewohl verletzt;
2. wenn es sich darum handelt, eine Verordnung über Gegenstände der
landwirthschaftlichen Polizei wegen ihrer Unzweckmäßigkeit aufzuheben.
§. 10. Die Bestimmungen der 8 und 9 finden auch auf die Abänderung
oder Aufhebung ortspolizeilicher Vorschriften Anwendung.
§. 11. Die Regierungspräsidenten sind befugt?), für mehrere Gemeinden
ihres Verwaltungs-Bezirks oder für den ganzen Umfang desselben gültige
Polizei-Vorschriften zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geld-
strafen bis zu dem Betrage von dreissig Mark anzudrohen.
Der Minister des Innern") hat über die Art der Verkündigung solcher
Zu Anmerkung 3 auf S. 419.
Die Regierungen können verbieten, daß eine außeramtliche Zeitung den Titel
„Kreisblatt“ führe, Beschl. O. Trib. 13. Febr. 1863.
Res. 4. Nov. 1887 (M. Bl. S. 246), betr. die Aulegung von Spülabtritten
und die Abführung von Schmutzstoffen auf bewohnten Grundstücken.
Vergl. die oben S. 408 angeführten Beispiele polizeilicher Kompetenz.
1) Vergl. Erk. O. Trib. 6. Juni 1863 bei Opp. Anm. 31 S. 793 (der §. 7
findet Anwendung, wenn die betr. Verordnung auch nur theilweise auf landwirthschaft-
lich polizeilichen Rücksichten beruht).
2) Ueber die Befugniß der Regierungs-Präsidenten und der Minister, Polizei-
verordnungen außer Kraft zu setzen, vergl. §. 145 L. V. G.
Die höhere Polizeibehörde kann die Befugniß zur Abänderung einer von ihr er-
lassenen Polizei-Verordnung nicht auf die nachgeordnete Polizeibehörde übertragen.
Eine von der Regierung erlassene Verordnung kann, abgesehen von dem Falle ges etz-
licher Ermächtigung der Ortspolizeibehörde, nur von dem Regierungspräfidenten
unter Zustimmung des Bezirksausschusses außer Kraft gesetzt werden, Erk. O. V. (
12. Dez. 1893 (E. O. V. XXVI. 380).
*) L. V. G. §. 137; die Befugniß der Regierungen zum Erlasse von Polizei-
vorschriften ist aufgehoben.
4) Res. 6. Juni 1850 (M. Bl. S. 176): In Gemäßheit des §. 11 des Ges.
11. März 1850 bestimme ich hierdurch, daß zur Gültigkeit einer polizeilichen Vor-
schrift, welche von einer Bezirksregierung auf den Grund der angeführten Gesetzesstelle
erlassen wird, Folgendes erforderlich ist:
1. Der Erlaß muß ausdrücklich auf den §. 11 des besagten Gesetzes Bezug
nehmen und als polizeiliche Vorschrift, Polizei-Verordnung oder Polizei-Regle-
ment bezeichnet sein.
2. Die Strafe der Nichtbefolgung oder Uebertretung ist innerhalb des zulässigen
Betrages von 10 Thalern dergestalt festzusetzen, daß entweder eine bestimmie
Summe oder ein Minimum und Maximum oder auch nur das letztere an-
gegeben wird.
3. Die Verkündigung muß durch Aufnahme des ganzen Erlasses in das Amts-
blatt bewirkt werden.
Erlasse der Bezirksregierungen, welche Polizeivorschriften enthalten, müssen nicht
bloß auf §. 11 des Gesetzes Bezug nehmen, sondern sich auch noch ausdrücklich als
polizeiliche Vorschrift, Polizei-Verordnung oder Polizei-Reglement bezeichnen; sie sind,
wenn dies nicht geschehen, rechtsungültig, Erk. 15. Sept. 1881 (M. Bl. 1882 S. 72)