Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

438 Abschnitt VI. Zulässigkeit des Rechtsweges. 
Abgaben und Leistungen, welche für Kirchen und öffentliche Schulen oder für 
deren Beamte auf Grund einer notorischen Orts= oder Bezirksverfassung erhoben 
werden, desgleichen in Beziehung auf Forderungen öffentlicher Schul= und Er- 
ziehungsanstalten an Schul= und Pensionsgeld fortan unbedingt!) gestattet. In 
Beziehung auf solche Abgaben und Leistungen, welche auf einer allgemeinen ge- 
setzlichen Verbindlichkeit, bezüglich auf einer von der aufsichtführenden Regierung 
in Gemäßheit gesetzlicher Bestimmung angeordneten oder exekutorisch erklärten 
Umlage beruhen, findet der Rechtsweg aber nur insoweit statt, als dies bei 
öffentlichen Abgaben der Fall ist2:). 4# 
§. 16. Die Bestimmung in der Nummer 3 der Allerhöchsten Ordre vom 
19. Juni 1836 wird aufgehoben. 
  
Verordnung, betreffend die Zulässigkeit des Rechtsweges in den 
neuen Provinzen. 
Vom 16. September 1867 (G. S. S. 1515). 
I. Allgemeine Bestimmungen. 
Art. I. Ueber Angelegenheiten, welche nach den im Geltungsgebiete des 
Preußischen Landrechts bestehenden allgemeinen Bestimmungen der Erledigung 
im Verwaltungswege mit Ausschluß des Rechtsweges ) unterliegen, findet auch 
in den durch die Gesetze vom 20. September und 24. Dezember 1866 (G. S. 
S. 555, 875, 876) Unserer Monarchie einverleibten Landestheilen ein Prozeß- 
verfahren nicht statt. 
Soweit diesen Bestimmungen zufolge der Rechtsweg nur unter gewissen 
Maßgaben oder Voraussetzungen zulässig ist, oder hinsichtlich des Prozeß- 
verfahrens bei Beschreitung des Rechtsweges oder des Verfahrens in Steuer- 
defraudationssachen, wenn die Einrede der Nichtverpflichtung zur Entrichtung 
der Steuer entgegengestellt wird, besondere Vorschriften bestehen, finden in den 
gedachten Landestheilen die nämlichen Maßgaben, Voraussetzungen oder Vor- 
schriften Anwendung. 
  
Zu Anmerkung 7 auf S. 437. 
zulässigkeit des Rechtsweges Über die Statthaftigkeit der interimistischen Festsetzung 
und exekutivischen Beitreibung von Pfarrabgaben durch die Verwaltungsbehörden. 
Gegen die Einziehung von Kirchen= und Schul-Abgaben, welche nicht auf 
Observanz oder Ortsverfassung, sondern auf allgemeiner gesetzlicher Verbindlichkeit be- 
ruhen, ist der Rechtsweg ebenso unzulässig, wie gegen die Einziehung öffentlicher 
Abgaben, Erk. des Komp. G. H. 9. Okt. 1869 (J. M. Bl. S. 231). 
Ueber die Verpflichtung zur Leistung einer auf Observanz beruhende Pfarrab. 
gabe findet der Rechtsweg statt, auch wenn der ursprünglich in Korn bestehenden Ab- 
gabe eine Geldabgabe substituirt ist, Erk. 8. März 1873 (J. M. Bl. S. 174). 
Ueber die Verpflichtung zur Leistung der von der Regierung festgesetzten Beiträge 
zum Unterhalt des Pfarrers findet der Rechtsweg nicht statt, Erk. 19. April 1873 
(J. M. Bl. S. 193). " 
1) Und zwar nicht bloß zwischen den Berechtigten und den Verpflichteten, sondern 
auch zwischen den Kontribuenten, Erk. 9. Juni 1866 (M. Bl. S. 238). 
2) Vergl. Erk. Komp. G. H. 14. Okt. 1865 (J. M. Bl. 1866 S. 22). Der 
Rechtsweg ist nicht statthaft, wenn in einem Auseinandersetzungsrezeß bei Gelegenheit 
der Separation gemäß §. 43 Vd. 20. Juni 1817 (G. S. S. 161) in Wahrnehmung 
des landespolizeilichen Interesses die öffentlichen Lasten und Realabgaben an Kirchen, 
Schulen und andere öffentliche Anstalten vertheilt worden sind, weil hier kein privat- 
rechtlicher Vertrag vorliegt, Ert. Komp. G. H. 13. Okt. 1877 (J. M. Bl. S. 233). 
:) Auch in den neuen Landestheilen kann ein Anspruch auf Befreiung von 
öffentlichen Abgaben nur alsdann im Rechtswege geltend gemacht werden, wenn er 
auf Vertrag, Verjährung oder einem besonderen Privilegium begründet ist, Erk. 
12. Juni 1869 (J. M. Bl. S. 185).
	        
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