Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt VI. Kompetenzkonflikte. 443 
§. 1. Die Entscheidung von Streitigkeiten? über die Zulässig- 
keit des Rechtswegs erfolgt in den durch diese Verordnung bestimm- 
ten Fällen durch den Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenz- 
onflikte. 
#§. 2. Der Gerichtshof besteht aus elf Mitgliedern, von denen sechs dem Ober- 
landesgericht zu Berlin angehören müssen. Die anderen fünf Mitglieder müssen für 
den höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt befähigt sein. Zum Mitgliede 
kann nur ernannt werden, wer das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet hat. 
Die Mitglieder werden für die Dauer des zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen 
bekleideten Amtes oder, falls sie zu dieser Zeit ein Amt nicht bekleiden, auf Lebens- 
zeit ernannt Eine Enthebung vom Amite kann nur unter denselben Voraussetzungen 
wie bei den Mitgliedern des Reichsgerichts stattfinden. 
Der Vorsitzende und die übrigen Mitglieder werden vom Könige auf den Vor- 
schlag des Staatsministeriums ernannt. 
§. 3. Der Gerichtshof entscheidet in der Besetzung von sieben Mitgliedern. 
Die Geschäftsordnung, insbesondere die Befugnisse des Vorsitzenden und die 
Reihenfolge, in welcher die Mitglieder an den einzelnen Sitzungen Theil zu nehmen 
haben, werden durch ein Regulativ geordnet, welches der Gerichtshof zu entwerfen 
und dem Staatsministerium zur Bestätigung einzureichen hat. 
§. 4. Der Gerichtshof entscheidet, wenn die Verwaltungsbehörden den Rechts- 
weg in einem bei den Gerichten anhängigen bürgerlichen Rechtsstreite für unzulässig 
erachten, und deshalb der Kompetenzkonflikt erhoben wird. 
Der Kompetenskonflikt kann nicht erhoben werden, wenn die Zulässigkeit des 
Rechtsweges in der Sache durch rechtskräftiges Urtheil des Gerichts feftsteht. 
5. 5. Zur Erhebung des Kompetenzkonfliktes ist nur?2) die Central= und die 
Provinzial-Verwaltungsbehörde befugt. 
Dieselben können den Kompetenzkonflikt auch dann erheben, wenn die Zu- 
ständigkeit zur Entscheidung der Sache für die Verwaltungsgerichte in Anspruch ge- 
nommen wird. 
Hat die Provinzialbehörde mehrere Abtheilungen, so steht die Erhebung des Kom- 
petenzkonfliktes dem Plenum zu. 
§s. 6. Die Erhebung des Kompetenzkonfliktes erfolgt bei dem Gerichte, bei welchem 
die Sache anhängig ist, durch die schriftliche Erklärung der Verwaltungsbehörde, daß 
der Rechtsweg für unzulässig erachtet werde). 
Der Erklärung soll eine Begründung beigefügt werden. 
Wird die Erklärung bei einem Gerichte, bei welchem die Sache nicht anhängig 
ist, abgegeben, so hat dieses die Erklärung an das zuständige Gericht zu übersenden. 
1) Der Kompetenzkonflikt ist zulässig, auch wenn nur noch die Nichtigkeits- 
beschwerde die Instanz bildet, Erk. 4. Febr. 1852 (M. Bl. 1854 S. 165): nicht aber 
gegen rechtskräftige Entscheidungen, Erk. 12. Jan. 1867 (J. M. Bl. S. 150). 
2) L. B. G. 30. Juli 1883 F. 113: 
Die Central= und die Provinzialverwaltungsbehörden sind auch für die im Ver- 
waltungestreitverfahren zu verhandelnden Angelegenheiten zur Erhebung des Kompetenz 
konflikts befugt. 
Die Erhebung des Kompetenzkonflikts auf Grund der Behauptung, daß in einer 
im Verwaltungsstreitverfahren anhängig gemachten Sache eine andere Verwaltungs- 
behörde zuständig sei, findet nicht statt. 
Die zur Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren berufenen Behörden haben 
ihre Zuständigkeit von Amtswegen wahrzunehmen. 
Wird von einer Partei in erster Instanz die Einrede der Unzuständigkeit erhoben, 
so kann über dieselbe vorab entschieden werden. „ 
Provinzialverwaltungsbehörden im Sinne der Vd. sind auch die Bezirksregie- 
rungen, Erk. Komp. G. H. 28. Okt. 1882 (Pr. V. Bl. IV. 205). 
Nur unmittelbare Staatsbehörden können den Kompetenzkonflikt erheben, also 
z. B. nicht die Landesdirektoren, Erk Komp. G. H. 14 Febr. 1880 (M. Bl. S. 77); 
desgl. nicht ein bischöfliches Generalvikariat, Erk Komp. G. H. 10. Febr 1866 (. 
M. Bl. S. 177). Vergl. auch E. O. V. VIII. 401. 
5) Verfahren im Gegensatze zum Konflikte, J. M. Bl. 1888 S. 4jff.
	        
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