Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

446 Abschnitt VI. Konflikte. 
Gesetz vom 13. Februar 1334, betreffend die Kouflikte bei gericht- 
lichen Verfolgungen wegen Amts- und Diensthandlungen 7. 
(G. S. S. 86.) 
§. 1. Wenn gegen einen Civil= oder Militärbeamten?) wegen einer in 
Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes vorgenommenen 
Handlung oder wegen Unterlassung einer Amtshandlung) eine gerichtliche Ver- 
folgung im Wege des Civil= oder Strafprozesses eingeleitet worden ist"), so 
steht der vorgesetzten Provinzial-,) oder Centralbehörde des Beamten, falls sie 
  
1) Ueber die Anwendung des Ges. 13. Febr. 1854 in den im Jahre 1866 
erworbenen Landestheilen vergl. Art. IV. der Vd. 16. Sept. 1867 (G. S. S. 1516); 
in Lauenburg §. 3 des Ges. 25. Febr. 1878 (G. S. S. 78); in Helgoland Vd. 
22. März 1891 (G. S. S. 39). Literatur, wie oben S. 442 Anm. 1. 
2) Wegen der Beamtenqualität vergl. Anm. zu §. 339 Str. G. B. Unzulässig 
ist die Erhebung des Kompetenzkonflikts bei der gerichtlichen Verfolgung eines Reichs- 
beamten, Erk. 24. Jan. 1885 (E. O. V. XI. 403), da das Gesetz sich nur auf 
unmittelbare oder mittelbare preußische Staatsbeamte bezieht; desgl. bei der eines 
Geistlichen, E. O. V. VIII. 390; XIX. 420, 435. Auch die Superintendenten und 
andere kirchenregimentliche Beamte sind nicht Staatsdiener im Sinne des Ges., 
E. O. V. XX. 451; wohl aber die Feuerlöschdirigenten in Westfalen. Mitglieder 
einer unter polizeilicher Genehmigung gebildeten freiwilligen Feuerwehr sind Beamte, 
E. O. V. VIII. 403; desgl. landschaftliche Beamte, Erk. O. V. G. 5. Juli 1895 
I. 941). 
Voraussetzung für die Konfliktserhebung ist, daß der Beamte persönlich, nicht 
etwa nur als gesetzlicher Vertreter einer Korporation verklagt wird, E. O. V. XXV. 
425. Die Konflikterhebung ist auch gegen den Willen des betr. Beamten statthaft, 
E. O. V. XI. 412. 
3) Auch wenn die Amtshandlung bereits vor Einführung des Ges. 13. Febr. 
1854 in dem betreffenden Landestheile von einem preußischen Beamten vorgenommen 
ist, bezw. hätte vorgenommen werden sollen, findet das Gesetz Anwendung, E. O. V. 
X. 380. Unerheblich ist, ob der Kläger selbst die seinem Anspruche zu Grunde 
liegende Handlung des Beamten als eine Amtshandlung ansieht oder nicht, E. O. V. 
XII. 415, Erk. O. V. G. 8. Nov. 1884 (Pr. V. Bl. VI. 108). 
4) Dies liegt vor im Civilprozesse mit Zustellung der Klage, E. O. V. XVI. 418, 
XXV. 428; im Strafprozeß mit dem ersten, gerichtsseitig im Vorbereitungsverfahren 
gegen den Beschuldigten ergriffenen Schritte, im Privatklageverfahren mit der gerichts- 
seitigen Mittheilung der Klage au den Verklagten, E. O. V. XVI. 418. 
Die Konflikterhebung ist zulässig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der 
Hauptsache, auch nach einem die Zulässigkeit des Rechtsweges rechtskräftig feststellenden 
Zwischenurtheils. Nur wenn eine Verwaltungsbehörde beklagt ist, macht §. 2 Satz 2 
Ges. 8. April 1847 (G. S. S. 170) eine Ausnahme, E. O. V. XXIV. 415. 
5) Vergl. §. 113 L. V. G. Zu den Provinzialbehörden gehören auch die Be- 
zirksregierungen. Der Konflikt kann erhoben werden sowohl von derjenigen Regierung, 
die zur Zeit der den Gegenstand gerichtlicher Verfolgung bildenden Amtshaudlung 
vorgesetzte Provinzialbehörde des Angeschuldigten war, als auch von derjenigen, die es 
erst zur Zeit der Konflikserhebung war, Erk. O. V. G. 17. Dez. 1890 (Nr. I. 1299); 
11. März 1891 (Nr. I. 284). 
§. 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz: 
„Die landesgesetzlichen Bestimmungen, durch welche die strafrechtliche oder 
civilrechtliche Verfolgung öffentlicher Beamten wegen der in Ausübung oder in 
Veranlassung der Ausübung ihres Amtes vorgenommenen Handlungen an besondere 
Voraussetzungen gebunden ist, treten außer Kraft. 
Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Verfolgung 
der Beamten entweder im Falle des Verlangens einer vorgesetzten Behörde oder unbe. 
dingt an die Vorentscheidung einer besonderen Behörde gebunden ist, mit der Maßgabe, 
1. daß die Vorentscheidung auf die Feststellung beschränkt ist, ob der Beamte sich 
einer Ueberschreitung seiner Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm 
obliegenden Amtshandlung schuldig gemacht habe;
	        
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