Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt VII Gendarmerie in den neu erworbenen Landestheilen. 539 
nächste Garnison abzuliefern. Die Gendarmen können dazu verwandt werden, Ver- 
brecher und Vagabonden in Gemäßheit der darüber bestehenden Vorschriften zu trans- 
portiren und deren Transport zu decken. Zur bloßen Beförderung von Verfügungen 
und Kurrenden der Civilbehörden und zu Boten= und anderen ähnlichen Diensten 
dürfen die Gendarmen nur ausnahmsweise in solchen Fällen gebraucht werden, wo 
solches gelegentlich neben ihren anderen Dienstgeschäften ohne Nachtheil für dieselben 
geschehen kann. Die Mitglieder der Gendarmerie versehen in der Regel ihren Dienst 
in den ihnen überwiesenen Dienstbezirken. In Anlaß besonderer Aufträge aber haben 
sie ihre Thätigkeit auch über diese Bezirke hinaus auszudehnen und ebenso sind sie 
auch ohne Anweisung Seitens der ihnen vorgesetzten Civilbehörden verpflichtet, in 
eiligen oder sonst dringenden Fällen der Ortsobrigkeit oder der Gendarmerie eines 
benachbarten Bezirks Hülfe zu leisten und nöthigenfalls flüchtige Verbrecher, Trans- 
portaten 2c. soweit zu verfolgen, bis sie die zur weiteren Nachsetzung erforderliche An- 
zeige einer Ortsobrigkeit oder einem anderen Gendarmen gemacht haben und von 
diesem die nöthigen Anstalten zur weiteren Nacheile getroffen werden. 
§. 17. Außerdem liegt der Gendarmerie ob, nöthigenfalls 
a) die Posten, den Transport öffentlicher Gelder oder anderer Gegenstände und 
die Fortschaffung von Pulvervorräthen und anderen, eine besondere Vor- 
sicht Ilordernden und bei deren Vernachlässigung gefährlichen Gegenständen 
zu decken; 
b) den Verwaltungs= und Justizbehörden zur Unterstützung und Sicherung der 
Exekution in denjenigen Fällen als bewaffnete Macht zu dienen, in welchen 
Widersetzlichkeit zu besorgen ist, oder sonst Militär-Exekution eintreten würde; 
Zc) bei Truppenmärschen die Nachzügler und Excedenten anzuhalten und an ihre 
Korps abzuliefern. 
5. 18. Jedermann ist schuldig, unter Vorbehalt der nachher zu führenden Be- 
schwerde, den Aufforderungen und Anordnungen der Gendarmen sofort unbedingt 
Folge zu leisten, und steht die Gendarmerie überhaupt, sowie jeder einzelne zu der- 
selben gebörige Offizier, Oberwachtmeister und Gendarm, der im Dienste ist, sowohl 
in dieser Rücksicht, als insonderheit auch in Beziehung auf Unverletzbarkeit und auf 
Bestrafung der ihr widerfahrenen Widersetzlichkeit und Beleidigungen zu Jedermann 
und namentlich auch zu allen Militärpersonen jeden Grades in dem Verhälmisse des 
kommandirten Militärs und der Schildwachen. Um ihren Anordnungen Folge zu 
verschaffen, find die Mitglieder der Gendarmerie auch ohne Autorisation der vorge- 
setzten Behörde befugt, sich der ihnen anvertrauten Waffen zu bedienen: 
a) wenn Gewalt oder Thätlichkeit gegen sie selbst, indem sie sich in Dienstfunktion 
befinden, ausgeübt wird; 
b) wenn auf der That entdeckte Verbrecher, Diebe, Schleichhändler u. s. w. ihren 
Anforderungen, um zur nächsten Obrigkeit geführt zu werden, thätlichen 
Widerstand entgegensetzen oder sich der Beschlagnahme der Effekten oder Waaren 
und Fuhrwerke oder ihrer persönlichen Verhaftung mit offener Gewalt oder mit 
gefährlichen Drohungen widersetzen; 
Jc) wenn sie auf andere Weise den ihnen angewiesenen Posten nicht behaupten oder 
die ihnen anvertrauten Personen nicht beschützen können. 
Es liegt ihnen jedoch auch in diesen Fällen ob, die Waffen nur, nachdem gelinde 
Mittel fruchtlos angewandt sind, und nur, wenn der Widerstand so stark ist, daß er 
nicht anders als mit bewaffneter Hand überwunden werden kann, und auch dann noch 
mit möglichster Schonung zu gebrauchen. Uebrigens hat die Gendarmerie bei Aus- 
richtung ihres Dienstes überhaupt und namentlich in Bezug auf den öffentlichen 
Hlauben ihrer amtlichen Anzeigen und Berichte die Rechte der übrigen öffentlichen 
eamten. 
§. 19. Ein Jeder, besonders aber jede Militär-, Civil, und Gemeindebehörde 
ist schuldig, die Gendarmerie und die einzelnen Mitglieder derselben auf deren Er- 
fordern und Requisition in Ausübung ihrer Pflichten krästigst zu unterstützen und ihr 
die zur Aufrechthaltung ihres Ansehens und Erreichung ihrer Bestimmung nöthige 
Hülfe unweigerlich und augenblicklich zu leisten. Insonderheit aber sind auch alle 
öffentlichen und zumal die Polizei-Behörden und Dorfschulzen, sowie die Gastwirthe, 
Schänker und Krüger verbunden, den Gendarmen vollständig und unweigerlich alle 
Nachweisungen und Mittheilungen zu geben, welche ihnen die Erfüllung ihrer Dienst-
	        
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