Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

574 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. 
lied gehört, wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines 
Herufel gethanen Aeußerung zur Verantwortung gezogen werden. 
§. 12. Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungent!) eines Landtags 
oder einer Kammer eines zum Reich gehörigen Staats bleiben von jeder Ver- 
antwortlichkeit frei. 
  
Erster Theil. 
Von der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen 
im Allgemeinen. 
Erster Abschnitt. Strafen. 
§. 13. Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu vollstrecken. 
§. 14. Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. 
Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr 
Mindestbetrag ein Jahr. 
Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrücklich als eine lebensläng- 
liche androht, ist dieselbe eine zeitige. 
8. 15. Die zur Zuchthausstrafe Verurtheilten sind in der Strafanstalt zu 
den eingeführten Arbeiten anzuhalten. 
Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt insbesondere zu öffent- 
lichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden 
Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei 
von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden . 
§. 16. Der Höchstbetrag der Gefängnißstrafe ist fünf Jahre, ihr Mindest- 
betrag ein Tag. „ 
Die zur Gefängnißstrafe Verurtheilten können?) in einer Gefangenanstalt 
auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt 
werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen. 
Eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt (§. 15) ist nur mit ihrer Zu- 
stimmung zulässig. – 
§. 17. Die Festungshaft"“) ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. 
  
1) Nur einfache Berichte, d. h. erzählende Darstellungen eines historischen Vor- 
ganges in seinem wesentlichen Verlaufe werden durch das Gesetz geschützt, nicht aber 
einzelne, aus dem Zusammenhang herausgerissene, wenn auch an sich wortgetreue 
Aeußerungen, nicht eigene Betrachtungen des Berichterstatters, Raisonnements über 
das Verhandelte. Das Gesetz schützt nur Berichte über Verhandlungen, nicht Reden 
einzelner Abgeordneter an sich, Erk. R. G. 6. Nov. 1888 (E. Crim. XVIII. 210). 
Die Besprechung von Reden ist nicht straflos, E. Crim. XV. 32. 
2) Vergl. Ges. 11. April 1854 (G. S. S. 143), betr. Beschäftigung der Straf. 
gefangenen außerhalb der Anstalt. 
2) Auch die Gefängnißstrafe bringt einen Arbeitszwang nach dem Ermessen 
der Behörde („können“) mit sich; der Unterschied von der Zuchthausstrase (§. 15) be- 
steht darin, daß bei der Gefängnißstrafe die Beschäftigung in einer „den Fähigkeiten 
und Verhältnissen des Sträflings angemessenen Weise“ geschehen soll, und das 
der letztere berechtigt ist, eine solche zu fordern. Er kann eine Entscheidung im 
Rechtswege verlangen, wenn er geltend machen will, daß die ihm zugetheilte Arbeit 
seinen Verhältnissen nicht entspreche, Str. P. O. 9§. 490 und 494, Opp. Anm. 7 zu 
§. 16 oben. 
Unter den den Fähigkeiten und Verhältnissen angemessenen Arbeiten sind nicht 
bloß solche zu verstehen, welche der Gefangene schon früher gelernt oder betrieben hatte 
§. 4 Regl. 19. Febr. 1876 (M. Bl. S. 31). * 
4) Regl. 2. Juli 1873 (J. M. Bl. S. 302), betr. die Vollstreckung der Strafe 
der Festungshaft in Festungen. 
Die im Militär-Vollstreckungs-Regl. 2. Juli 1873 88. 149 fg. enthaltenen 
Bestimmungen finden auf diejenigen Civilpersonen Anwendung, welche ihre Strafe 
gemäß §. 17 in Festungen abbüßen, Res. 4. Nov. 1873 (J. M. Bl. S. 302).
	        
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