624 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Verbrechen wider d. persönl. Freiheit.
vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet, so kann
die Strafe auf drei Jahre Gefängniß erhöht werden.
§. 231. In allen Fällen der Körperverletzung kann auf Verlangen des
Verletzten neben der Strafe auf eine an denselben zu erlegende Buße bis zum
Betrage von sechstausend Mark erkannt werden 0.
Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädi-
gungsanspruches aus?).
Für diese Buße haften die zu derselben Verurtheilten als Gesammtschuldner.
§. 232. Die Verfolgung leichter vorsätzlicher, sowie aller durch Fahrlässig-
keit verursachter Körperverletzungen (88. 223, 230) tritt nur auf Antrag ein,
insofern nicht die Körperverletzung mit Uebertretung einer Amts-, Berufs= oder
Gewerbspflicht begangen worden ist.
Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme
des Antrages zulässig.
Die in den 88§. 195, 196 und 198 enthaltenen Vorschriften finden auch
hier Anwendung.
§. 233. Wenn leichte Körperverletzungen mit solchen, Beleidigungen mit
leichten Körperverletzungen oder letztere mit ersteren auf der Stelle erwidert
werden, so kann der Richter für beide Angeschuldigte, oder für einen derselben
eine der Art oder dem Maße nach mildere oder überhaupt keine Strafes)
eintreten lassen.
Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die
persönliche Freiheit.
§. 234. Wer sich eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt be-
mächtigt, um ihn in hülfloser Lage auszusetzen oder in Sklaverei, Leibeigen-
schaft oder in auswärtige Kriegs= oder Schiffsdienste zu bringen, wird wegen
Menschenraubes mit Zuchthaus bestraft.
§. 235. Wer eine minderjährige Person durch List, Drohung oder Ge-
walt ihren Eltern oder ihrem Vormunde entzieht"), wird mit Gefängniß und,
wenn die Handlung in der Absicht geschieht, die Person zum Betteln oder zu
gewinnsüchtigen oder unsittlichen Zwecken oder Beschäftigungen zu gebrauchen,
mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.
§. 236. Wer eine Frauensperson wider ihren Willen durch List, Drohung
oder Gewalt entführt, um sie zur Unzucht zu bringen?), wird mit Zuchthaus
bis zu zehn Jahren und, wenn die Entführung begangen wurde, um die Ent-
führte zur Ehe zu bringen, mit Gefängniß bestraft.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.
Zu Anmerlkung 3 auf S. 623.
gemein üblich, so trifft dennoch den Gewerbetreibenden die Strafe aus §. 230 Abs. 2,
wenn er persönlich ausnahmsweise die fragliche Handlung zum Zwecke seines Ge-
werbebetriebes vorgenommen hat, Erk. R. G. 23. Sept. 1887.
1) Die Buße ist eine Entschädigung für vermögensrechtlichen, körperlichen oder
psychischen Schaden, E. Crim. XV. 352. Sie darf nicht in Form einer Rente
erkannt werden, XVII. 178.
*) Umgekehrt schließt eine im Civilrechtswege erstrittene oder geleistete Entschädigung
die Buhe nicht aus, ist aber bei deren Bemessung in Betracht zu ziehen, E. Crim.
X. 223.
3) Die Ansicht, daß bei erwiderten vorsätzlichen leichten Körperverletzungen, welche
von einem Beamten in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines
Amtes begangen sind — §. 340 Str. G. B. — eine Aufrechnung gemäß S§. 233
stattfinden könne, mögen nun beide Thäter oder nur einer sich in Amtsauslibung
befunden haben, ist rechtsirrthümlich, Erk. 4. Juli 1882 (E. Crim. VI. 436).
4) Zur Entziehung genügt die Beseitigung der bisherigen Verbindung, ein bloßes
Versteckthalten, E. Crim. XVII. 90; ein Verschweigen des Aufenthalts, E. Crim.
XXIV. 133.
5) Auch wenn das unzüchtige Verhältniß schon bestand und nur fortgesetzt werden
soll, E. Crim. XVI. 391.