630 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Urkundenfälschung.
wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe von ein-
hundertfünfzig bis zu sechstausend Mark bestraft. "
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter
sechs Monaten ein, neben welcher auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark er-
kannt werden kann.
§. 266. Wegen Untreue werden mit Gefängniß, neben welchem auf Verlust
der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, bestraft:
1. Vormünder, Kuratoren, Güterpfleger, Sequester, Massenverwalter, Voll-
strecker letztwilliger Verfügungen und Verwalter von Stiftungen, wenn
sie absichtlich zum Nachtheile der ihrer Aufsicht anvertrauten Personen
oder Sachen handeln;
2. Bevollmächtigte ), welche über Forderungen oder andere Vermögensstücke
des Auftraggebers absichtlich zum Nachtheile desselben verfügen;
3. Feldmesser, Versteigerer, Mäkler, Güterbestätiger, Schaffner, Wäger,
Messer, Bracker, Schauer, Stauer und andere zur Betreibung ihres Ge-
werbes von der Obrigkeit verpflichtete Personen, wenn sie bei den ihnen
übertragenen Geschäften absichtlich diejenigen benachtheiligen, deren Ge-
schäfte sie besorgen.
Wird die Untreue begangen, um sich oder einem Anderen einen Vermögens-
vortheil zu verschaffen, so kann neben der Gefängnißstrafe auf Geldstrafe bis
zu dreitausend Mark erkannt werden.
Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung.
§. 267. Wer in rechtswidriger Absicht eine inländische oder ausländische
öffentliche Urkunde oder eine solche Privaturkunde:), welche zum Beweise von
Rechten oder Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit ist, verfälscht oder fälschlich
anfertigt und von derselben zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht, wird
wegen Urkundenfälschung mit Gefängniß bestraft.
§. 268. Eine Urkundenfälschung, welche in der Absicht begangen wird,
sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder einem
Anderen Schaden zuzufügen, wird bestraft, wenn
1) Ein städtischer Bürgermeister ist als Bevollmächtigter im Sinne des s. 266
Abs. 2 Str. G. B. anzusehen, Erk. 9. Nov. 1886 (E. Crim. XV. 41).
2:) Ein Frachtbrief ist eine Urkunde im Sinne des 5. 267, Erk. R. G. 18. Dez.
1880 (E. Crim. III. 168). Begriff der Urkunden: E. Crim. IV. 69; VI. 289.
X. 192; XVII. 103, 141; XXII. 183; XXIV. 281.
Der zollamtliche Waarenverschluß mittelst Plomben fällt unter den Begriff der
öffentlichen Urkunden, für deren fälschliche Anfertigung — an Stelle des amtlichen —
oder Verfälschung — durch Abänderung desselben — der §. 267 Bestimmung trifft
Erk. 23. Dez. 1885 (E. Crim. XIII. 193) "
Urkunden im Sinne des §. 267 sind z. B. Eisenbahnfahrkarten, E. Crim. VIII.
409; der Abschnitt einer Postanweisung nach Maßgabe des Inhalts, Rechtspr. III.
649; ärztliche Rezepte, E. Crim. XVIII. 149; in die Urne gelegte Wahlzettel, XX II.
183; Inv.-Quittungskarten, auch ohne Marken, XXIII. 338; Taxe eines Grund-
stückes, XXIV. 115; Postanweisungen, XXIV. 130 u. s. w.
Wie unter Umständen eine Blechmarke (E. Crim. IV. 3), ein Schriftstück mit
aufgedruckten Firmen, der Namenstempel (ebend. X. 104), ein kaufmännisches Han-
delsbuch, oder ein sonstiges Schriftstück, welchem die Unterschrift gänzlich mangelt
(ebend. IV. 4 und VIII. 92), als beweiserhebliche Privaturkunde anzusehen ist, so
kann die Eigenschaft der Beweiserheblichkeit ebenso wenig solchen Urkunden abge.
sprochen werden, welche auf dem Wege der mechanischen Vervielfältigung, namentlich
des Druckes hergestellt und nur mit innen gedruckter Unterschrift versehen sind, Erk.
11. Dez. 1885 (E. Crim. XIII. 168).
Unter Umständen können auch willkürlich gewählte Zeichen, z. B. Blechmarken,
Nummerkarten, Kerbhölzer, Anschläge mit dem Waldhammer, Gedingstufen u. s. w.
urkundliche Beweiskraft erlangen und kann ihnen dann die Urkundeneigenschaft zuer-
kannt werden, Erk. 31. Mai 1886 (E. Crim. XIV. 175).