640 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Strafbarer Eigennutz.
Amtes, Standes oder Gewerbes anvertraut sind, mit Geldstrafe bis zu ein-
tausendfünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.
§. 301. Wer in gewinnsiüchtiger Absicht und unter Benutzung des Leicht-
sinns oder Unerfahrenheit eines Minderjährigen sich von demselben Schuld-
scheine, Wechsel, Empfangsbekenntnisse, Bürgschaftsinstrumente oder eine andere
eine Verpflichtung enthaltende Urkunde ausstellen oder auch nur mündlich ein
Zahlungsversprechen ertheilen läßt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten
oder mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag) ein.
§. 302. Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung des Leicht-
sinns oder der Unerfahrenheit eines Minderjährigen sich von demselben unter
Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Ver-
sicherungen oder Betheuerungen die Zahlung einer Geldsumme oder die Er-
füllung einer anderen, auf Gewährung geldwerther Sachen gerichteten Ver-
pflichtung aus einem Rechtsgeschäfte versprechen läßt, wird mit Gefängniß bis
zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft.
Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte
erkannt werden.
Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher sich eine Forderung, von der er
weiß, daß deren Berichtigung ein Minderjähriger in der vorbezeichneten Weise
versprochen hat, abtreten läßt.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.
S. 302 a2). In der Fassung Ges. 19. Juni 1893 (R. G. Bl. S. 197).]
Wer unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit
1) Unter Umständen kann auch der Ehemann den Antrag siellen, Erk. 22. Okt.
1885 (E. Crim. XlII. 60).
2) Ges., betr. den Wucher 24. Mai 1880 (R. G. Bl. S. 109). (Durch
Ges. 19. Juni 1893, R. G. Bl. S. 197, betr. Ergänzung der Bestimmungen über
den Wucher sind die §§. 302a und d abgeändert, §. 302e und 5§. 367, Nr. 16 neu.
geschaffen. Abgeändert ist ferner Art. 3, Art. 4 neugeschaffen.)
Art. 1. Hinter den §. 302 Str. G. B. für das Deutsche Reich werden die
folgenden neuen 8§. 302a, 302b, 302c, 302d eingestellt: (die neuen Paragraphen
find oben abgedruckt).
Art. 2. Der §. 360 Nr. 12 Str. G. B. in der durch das Ges. 26. Febr. 1876
festgestellten Fassung wird durch nachstehende Bestimmung ersetzt:
#§. 360 Nr. 12. Wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Ausübung
seines Gewerbes den darüber erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt, insbe-
sondere den durch Landesgesetz oder Anordnung der zuständigen Behörde be-
stimmten Zinsfuß überschreitet.
Art. 3. (In der Fassung des Ges. 19. Juni 1893.) Verträge, welche gegen
die Vorschriften des §§. 302 a, 302b, 302e, Str. G. B. verstoßen, sind ungültig.
Sämmtliche von dem Schuldner oder für ihn gelieferten Vermögensvortheile
(§8. 302a, 302e) müssen zurückgewährt und vom Tage des Empfanges an verzinst
werden. Hierfür sind diejenigen, welche sich des Wuchers schuldig gemacht haben,
solidarisch verhaftet, der nach §. 302c Str. G. B. Schuldige jedoch nur in Höhe
des von ihm oder einem Rechtsnachfolger Empfangenen. Die Verpflichtung eines
Dritten, welcher sich des Wuchers nicht schuldig gemacht hat, bestimmt sich nach den
Vorschriften des bürgerlichen Rechts.
Das Recht der Rückforderung verjährt in fünf Jahren seit dem Tage, an welchem
die Leistung erfolgt ist.
Der Gläubiger ist berechtigt, das aus dem ungültigen Vertrage Geleistete zurück-
zufordern; für diesen Anspruch haftet die für die vertragsmäßige Forderung bestellte
Sicherheit. Die weitergehenden Rechte eines Gläubigers, welchem nach den Bestim-
mungen des bürgerlichen Rechts die Ungültigkeit des Vertrages nicht entgegengesetzt
werden kann, werden hierdurch nicht berührt.
Art. 4. (Durch Ges. 19. Juni 1893 hinzugetreten.) Wer aus dem Be-
triebe von Geld= und Creditgeschäften ein Gewerbe macht, hat die Rechnung des
Geschäftsjahres für jeden, welcher ein Geschäft der bezeichneten Art mit ihm abge-