Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

682 Abschnitt IX. Unterbringung verwahrloster Kinder. 
1871 verurtheilten Personen nicht mehr Anwendung. Die durch den Erlaß vom 
22. Mai 1866 angeordnete Eintheilung der unter Polizeiaufsicht stehenden Personen 
in zwei Klassen, kommt in Folge dessen allgemein in Wegfall). 
  
Bundesrathsbeschl. 16. Juni 1872; Res. 31. Aug. 1872 (M. Bl. S. 193): 
1. Bezüglich solcher Personen, gegen welche in einem Bundesstaate auf Zu- 
lässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden ist, kann, falls sie sich in einen 
anderen Bundesstaat begeben, die Stellung unter Polizeiaufsicht auch von derjenigen 
Landes-Polizeibehörde ausgesprochen werden, in deren Bezirk sie Aufenthalt nehmen. 
Jede Landes-Polizeibehörde, von welcher die Stellung eines Verurtheilten unter 
Polizeiaussicht angeordnet wird, hat hiervon, sofern derselbe in einem anderen Bundes- 
staate verurtheilt worden, oder heimathsangehörig ist, oder seinen Aufenthalt hat, jeder 
der hierbei betheiligten Landes-Polizeibehörden des anderen Staates Mittheilung zu 
machen. 
2. Die im §. 362 Abs. 2 des Str. G. B. erwähnten Befugnisse werden in 
allen Fällen durch die Landes-Polizeibehörde desjenigen Bundesstaates ausgeübt, in 
welchem die Verurtheilung erfolgt ist. 
  
Gesetz), betreffend die Unterbringung verwahrloster Rinder. 
Vom 13. März 1878 (G. S. S. 132). 
§. 1. Wer nach Vollendung des sechsten und vor Vollendung des zwölften 
Lebensjahres eine strafbare Handlung) begeht, kann von Obrigkeitswegen in 
eine geeignete Familie oder in eine Erziehungs= oder Besserungs-Anstalt) 
untergebracht werden, wenn die Unterbringung mit Rücksicht auf die Beschaffen- 
1) Wegen der Auffichtsführung über die unter Polizeiaussicht stehenden Personen 
durch die Gemeinde= und Gutsvorsteher vergl. §§ 91, 2, 132 L. G. O. 3. Juli 1891, 
wegen Unzulässigkeit der Ertheilung von Wandergewerbescheinen §. 57,2 Gew. O. 
2) Vergl. Ausf. Res. 14. Juni 1878 (M. Bl. S. 120), Res. 8. Febr. 1879 
(M. Bl. S. 55), betr. die Mitwirkung der Geistlichkeit bei Ausführung des Gesetzes. 
Es ist dafür zu sorgen, daß entweder der nach 5. 7 Ges. 13. März 1878 ver- 
pflichtete Provinzialverband oder die Behörden der Orte, in denen verwahrloste Kinder 
untergebracht werden, den Geistlichen der betreffenden Konfessionen sowohl von der 
Unterbringung wie von jedem Wechsel des Aufenthaltes Kenniniß geben und sie 
hierdurch in den Stand setzen, bei der Aufsicht und Fürsorge für die in Zwangs- 
erziehung untergebrachten Kinder ihre wünschenswerthe Mitwirkung eintreten zu lassen. 
Auch empfiehlt es sich, nach Möglichkeit darauf hinzuwirken, daß die Geistlichen den 
Ortsbehörden Mittheilung machen, wenn sie von Fällen Kenntniß erhalten, in denen 
ein Einschreiten nach Maßgabe des gedachten Gesetzes im wohlverstandenen Interesse 
der Kinder geboten erscheint, Res. 7. März 1884 (M. Bl. S. 114). 
:) Eine Beschränkung auf Verbrechen und Vergehen findet nicht statt; das 
Gesetz setzt nur eine strafbare Handlung voraus, es kann also auch bei Ueber- 
tretungen, und selbst wenn diese nur eine Polizeiordnung betreffen, zur An- 
wendung gebracht werden, Res. 14. Juni 1878 (M. Bl. S. 120). Die Zwangs- 
erziehung findet auch gegen außerpreußische Kinder statt, E. K. XI. 88. 
4) Die Stellen an den Erziehungs= und Besserungsanstalten können mit Per- 
sonen besetzt werden, denen eine Anstellungsberechtigung nicht zusteht. Auf die 
Stellen der Oekonomie-Verwalter und der Sekretäre an jenen Anstalten findet diese 
Bestimmung keine Anwendung, diese sind zur Hälfte mit Militäranwärtern zu besetzen, 
K. O. 8. Juni 1886 (G. S. S. 181). 
 
	        
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