Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

700 Abschnitt X. Gerichtsverfassung. Staatsanwaltschaft. 
Die Zuständigkeit der Amtsanwälte erstreckt sich nicht auf das amterichterliche 
Verfahren zur Vorbereitung der öffentlichen Klage in denjenigen Strafsachen, welche 
zur Zuständigkeit anderer Gerichte als der Schöffengerichte gehören. 
§. 144. Die örtliche Zuständigkeit der Beamten der Staatsanwaltschaft wird 
durch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt, für welches sie bestellt find. 
Ein unzuständiger Beamter der Staatsanwaltschaft hat sich denjenigen innerhalb 
seines Bezirks vorzunehmenden Amtshandlungen zu unterziehen, in Ansehung welcher 
Gefahr im Verzuge obwaltet. 
Können die Beamten der Staatsauwaltschaft verschiedener Bundesstaaten sich nicht 
darüber einigen, wer von ihnen die Verfolgung zu übernehmen hat, so entscheidet der 
ihnen gemeinsam vorgesetzte Beamte der Staatsanwaltschaft und in Ermangelung eines 
solchen der Ober-Reichsanwalt. 
§. 145. Besteht die Staatsanwaltschaft eines Gerichts aus mehreren Beamten, 
so handeln die dem ersten Beamten beigeordneten Personen als dessen Vertreter; fie 
sind, wenn sie für ihn auftreten, zu allen Amtsverrichtungen defselben ohne den 
Nachweis eines besonderen Auftrages berechtigt. 
8. 146. Die ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten 
und den Landgerichten sind befugt, bei allen Gerichten ihres Bezirks die Amtsver- 
richtungen der Staatsanwaltschaft selbst zu übernehmen oder mit Wahrnehmung der- 
selben einen anderen als den zunächst zuständigen Beamten zu beauftragen. 
Amtsanwälte können das Amt der Staatsanwaltschaft nur bei den Amtsgerichten 
und den Schöffengerichten versehen. 
§s. 147. Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anwei- 
sungen ihres Vorgesetzten nachzukommen. 
In denjenigen Sachen, für welche das Reichsgericht in erster und letzter Instanz 
zuständig ist, haben alle Beamte der Staatsanwaltschaft den Anweisungen des Ober- 
Reichsanwalts Folge zu leisten. 
§. 148. Das Recht der Aufsicht und Leitung#) steht zu: 
  
Zu Anmerkung 3 auf S. 699. 
schäfte, welche keinen Aufschub gestatten, nöthigenfalls von dem Vorstande des Ge- 
richts ein Vertreter zu bestellen. Zur Uebernahme einer solchen Vertretung sind die 
Beamten des Gerichts einschließlich der Richter verpflichtet, S. 66 a a. O. 
Den Amtsanwälten sind bei Dienstreisen Tagegelder und Reisekosten nach den- 
selben Sätzen zu gewähren, welche den Subalternbeamten der Lokalbehörden zustehen. 
Amtsanwälte, welche ein mit einem höheren Range verbundenes Amt im unmittel- 
baren Staatsdienste bekleiden, erhalten die ihnen nach diesem Amte zustehenden Tage- 
gelder und Reisekosten, Res. 20. Febr. 1880 (J. M. Bl. S. 38). 
Im Falle der Beurlaubung eines als Amtsanwalt fungirenden Gemeindevor-- 
stehers hat beim Mangel eines ständigen Stellvertreters (s. 64 Abs. 2 Ausf. Ges. 
24. April 1878) derjenige, welcher den Beurlaubten in seinem Hauptamte verrritt, 
auch die Funktionen des Amtsanwalts für die Dauer der Vertretung zu übernehmen, 
Res. 5. Febr. 1881 (M. Bl. S. 45). 
1) S. 78 Ausf. Ges. 24. April 1878. Das Recht der Aufsicht steht zu: 
1. dem Justizminister hinsichtlich sämmtlicher Gerichte und Staatsanwaltschaften; 
4. dem Oberstaatsanwalt und dem Ersten Staatsanwalt hinsichtlich der Staats- 
anwaltschaften ihres Bezirkes; 
5. dem ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei einem Amtsgerichte hinsichtlich 
dieser Staatsanwaltschaft. 
Das Recht der Aufsicht erstreckt sich auf alle bei den bezeichneten Behörden an- 
gestellten oder beschäftigten Beamten. 
§. 79. Bei den nur mit einem Richter besetzten Amtsgerichten steht dem Amts- 
richter die Aufsicht über die bei dem Amtsgerichte angestellten oder beschäftigten Be- 
amten zu. Bei den mit mehreren Richtern besetzten Amtsgerichten ist die Aufslcht 
über die bei demselben angestellten oder beschäftigten nicht richterlichen Beamten durch 
den Justizminister einem der Richter zu übertragen. 
§s. 80. In dem Rechte der Aussicht liegt die Befugniß, gegenüber nicht richterlichen 
Beamten die ordnungswidrige Ausführung eines Amtsgeschäfts zu rügen und die 
Erledigung eines Amtsgeschäfts durch Ordnungsstrafen bis zum Gesammtbetrage von
	        
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