Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt X. Strafprozeß. Abgaben und Gefälle. 741 
einer Woche nach der Bekanntmachung bei der Polizeibehörde, welche diese Verfügung 
erlassen hat, oder bei dem zuständigen Amtsgericht auf gerichtliche Entscheidung an- 
tragen könne. 
Die Strafverfügung wirkt in Betreff der Unterbrechung der Verjährung wie eine 
richterliche Handlung. 
§. 454. Der Antrag auf gerichtliche Enischeidung kann bei der Polizeibehörde 
schriftlich oder mündlich, bei dem Amtsgerichte schriftlich oder zu Protokoll des Ge- 
richtsschreibers angebracht werden. 
Die Polizeibehörde übersendet, falls sie nicht die Strafverfügung zurücknimmt, 
die Akten an die zuständige Staatsanwaltschaft, welche sie dem Amtsrichter vorlegt. 
§. 455. Gegen die Versäumung der Antragsfrist ist unter den in den 88. 44, 
45 bezeichneten Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig. 
Das Gesuch ist bei einer der im §. 454 Abs. 1 genannten Behörden anzubringen. 
Ueber das Gesuch entscheidet der Amtsrichter. 
Die Bestimmungen des §. 46 Abs. 2, 3 finden hier gleichfalls Anwendung. 
§. 456. Ist der Antrag rechtzeitig angebracht, so wird zur Hauptverhandlung 
vor dem Schöffengerichte geschritten, ohne daß es der Einreichung einer Anklageschrift 
oder einer Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens bedarf. 
Bis zum Beginne der Hauptverhandlung kann der Antrag zurückgenommen 
werden. 
§. 457. Das Verfahren vor dem Schöffengerichte ist dasselbe wie im Falle einer 
von der Staatsanwaltschaft erhobenen und zur Hauptverhandlung verwiesenen Anklage. 
Der Angeklagte kann sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Ver- 
theidiger vertreten lassen. 
Bei der Urtheilsfällung ist das Gericht an den Ausspruch der Polizeibehörde 
nicht gebunden. 
§. 458. Stellt sich nach dem Ergebnisse der Hauptverhandlung die That des 
Angeklagten als eine solche dar, bei welcher die Polizeibehörde zum Erlasse einer 
Strafverfügung nicht befugt war, so hat das Gericht die letztere durch Urtheil aufzu- 
heben, ohne in der Sache selbst zu eutscheiden. 
Dritter Abschnitt. Verfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Vor- 
schriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle. 
§5. 459. Strafbescheide der Verwaltungsbehörden wegen Zuwiderhandlungen 
gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle dürfen 
nur Geldstrafen sowie eine etwa verwirkte Einziehung festsetzen. 
Der Strafbescheid muß außerdem die strafbare Handlung, das angewendete 
Strafgesetz und die Beweismittel bezeichnen, auch die Eröffnung enthalten, daß der 
Beschuldigte, sofern er nicht eine nach den Gesetzen zugelassene Beschwerde an die 
höhere Verwaltungsbehörde ergreife, gegen den Strafbescheid binnen einer Woche nach 
der Bekanntmachung bei der Verwaltungsbehörde, welche denselben erlassen, oder 
bei derjenigen, welche ihn bekannt gemacht hat, auf gerichtliche Entscheidung an- 
tragen könne. 
Der Strafbescheid wirkt in Betreff der Unterbrechung der Verjährung wie eine 
richterliche Handlung. 
§. 460. Wird auf gerichtliche Entscheidung angetragen, so übersendet die Ver- 
waltungsbehörde, falls sie nicht den Strafbescheid zurücknimmt, die Akten an die zu- 
ständige Staatsanwaltschaft, welche sie dem Gerichte vorlegt. 
S. 461. In Betreff der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand finden die Be- 
stimmungen des 8 455 entsprechende Anwendung. 
s. 462. Ist der Antrag rechtzeitig angebracht, so wird zur Hauptverhandlung 
vor dem zuständigen Gerichte geschritten, ohne daß es der Einreichung einer Anklage- 
schrift oder einer Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens bedarf. 
Bis zum Beginne der Hauptverhandlung kann der Antrag zurückgenommen 
werden. 
s. 463. Ist die in einem vollstreckbaren Strafbescheide festgesetzte Geldstrafe von 
dem Beschuldigten nicht beizutreiben und deshalb ihre Umwandlung in eine Freiheits- 
strafe erforderlich, so ist diese Umwandlung nach Anhörung der Staatsanwaltschaft
	        
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