Abschnitt XI. Verletzung der Dienstpflicht. 763
Rechts zu seiner Entlassung oder Beibehaltung, Geldstrafe bis zu fünf Thalern
oder Gefängniß!) bis zu drei Tagen verwirkt.
Dieser Antrag kann nur innerhalb vierzehn Tagen seit Verübung der
Uebertretung, oder, falls die Herrschaft wegen der letzteren das Gesinde vor
Ablauf der Dienstzeit entläßt, vor dieser Entlassung gemacht werden.
Bis zum Anfang der Vollstreckung der Strafe ist die Zurücknahme des
Antrages zulässig.
§. 2. Die Bestimmungen des §. 1 finden auch Anwendung:
a) auf die bei Stromschiffern in Dienst stehenden Schiffsknechte, Gesetz
vom 23. September 1835 (G. S. S. 222);
b) auf das Verhältniß zwischen den Personen, welche von den zu Diensten
verpflichteten bäuerlichen Besitzern zur Verrichtung dieser Dienste ge-
stellt werden, und den Dienstberechtigten oder den von ihnen bestellten
Aufsehern;
Tc) auf das Verhältniß zwischen dem Besitzer eines Landgutes oder einer
anderen Acker= oder Forstwirthschaft, so wie den von ihm zur Ausfsicht
über die Wirthschaftsarbeiten bestellten Personen und solchen Dienst-
leuten, welche gegen Gewährung einer Wohnung in den ihm ge-
hörigen oder auf dem Gute befindlichen Gebäuden und gegen einen
im Voraus bestimmten Lohn Behufs der Bewirthschaftung ange-
nommen sind (Instleute, herrschaftliche Tagelöhner, Einlieger, Kathen-
leute und dergl.) ;
d) auf das Verhältniß zwischen solchen Handarbeitern, welche sich zu be-
stimmten land= und forstwirthschaftlichen Arbeiten, wie z. P. Ernte-
Arbeiten auf Acker und Wiese, Meliorationsarbeiten, Holzschlagen u. s. w.
verdungen haben, und dem Arbeitgeber oder den von ihm bestellten
Aufsehern.
Zu Anmerkung 3 auf S. 752.
Daß die vorläufige Festnahme ländlicher Dienstboten und Arbeiter auf Grund
Ges. 24. April 1854 durch die Polizeibehörde zulässig ist, und daß dieselbe auch durch
Requisition anderer inländischer Polizeibehörden bewirkt werden kann, unterliegt keinem
Zweifel. Um die Festnahme auch im Auslande sicherzustellen, empfiehlt es sich, in
allen denjenigen Fällen, in denen die kontraktbrüchigen Dienstboten und Arbeiter in
Preußen nicht mehr festgenommen werden können, behufs ihrer Festnahme und
Bestrafung die Mitwirkung der zuständigen Gerichte in Anspruch zu nehmen, indem
die Ausführung gerichtlicher Haftbefehle durch das ganze Deutsche Reich zu geschehen
hat, Res. 8. Aug. 1884 (M. Bl. S. 232).
4) Bezw. des durch Generalvollmacht des Gutsherrn zur selbständigen Bewirth-
schaftung des Gutes und Annahme und Entlassung des Gesindes ermächtigten Guts-
inspektors, E. K. XII 209; auch der Dienstherrin, namentlich bei weiblichem Gefinde,
Erk. K. G. 2. Mai 1892, bei Groschuff S. 303.
1) Seit Erlaß des Reichsstrafgesetzbuches Haft, als der Strafe für Uebertretungen,
Erk. 27. Nov. 1885 (E. Crim. XIII. 93).
2) Die Anwendbarkeit des Ges. 24. April 1854 wird bei dem Vorhandensein
der sonstigen Voraussetzungen (ein zwischen dem Tagelöhner und dem Gutsherrn oder
seinem Stellvertreter geschlossener Dienst. oder Arbeitsvertrag, E. K. XII. 213),
desselben dadurch nicht ausgeschlossen, daß der ländliche Arbeiter, welcher von dem
Besitzer eines Landgutes oder einer Ackerwirthschaft gegen im Voraus bestimmte Lohn-
sätze für die zu leistenden Arbeiten behufs der Bewirthschaftung angenommen ist, für
einen oder den anderen der ihm in dem Hause des Arbeitsgebers gewährten Wohn-
räume eine geringe Miethe zahlt; vielmehr liegt in einem folchen Falle in dem in
§. 2 lit. c besonders aufgeführten ähnliches Verhältniß vor, auf welches nach dem
klaren Wortlaut des Gesetzes, dasselbe gleichfalls Anwendung findet, Erk. 29. Dez.
1384 (E. K. V. 374). # Z
Eine Verletzung der gegen Gewährung von Wohnung und Naturalien kontraktlich
übernommenen Verpflichtung zur Gestellung landwirthschaftlicher Tagelöhner ist nicht
strafbar aus dem Ges. 24. April 1854, Erk. 5. März 1888 (E. K. VIII. 183).
Illing-Kautz, Handbuch I. 7. Aufl. 48