Abschnitt XIII. Personenstand und Civilehe. 819
worden ist, daß die Ehe vor dem Standesbeamten geschlossen sei, wird mit
Shlssuse bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten
estraft.
§. 68. Wer den in den §§. 17 bis 20, 22 bis 24, 56 bis 58 vorgeschrie-
benen Anzeigepflichten nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe!) bis zu ein-
hundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft. Die Strafverfolgung tritt nicht
ein, wenn die Anzeige, obwohl nicht von dem zunächst Verpflichteten, doch
rechtzeitig gemacht worden ist.
Die bezeichnete Strafe trifft auch den Schiffer oder Steuermann, welcher
den Vorschriften der §§. 61 bis 64 zuwiderhandelt.
Die Standesbeamten sind außerdem befugt, die zu Anzeigen oder zu
sonstigen Handlungen auf Grund dieses Gesetzes Verpflichteten hierzu durch
Geldstrasen) anzuhalten, welche für jeden einzelnen Fall den Betrag von fünf-
zehn Mark nicht übersteigen dürfen.
§. 692). Ein Standesbeamter, welcher unter Außerachtlassung der in
diesem Gesetze gegebenen Vorschriften eine Eheschließung vollzieht, wird mit
Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft.
7 70. Gebühren und Geldstrafen, welche in Gemäßbeit dieses Gesetzes
zur Erhebung gelangen, sließen, insoweit die Landesgesetze nicht ein Anderes
bestimmen, den Gemeinden") zu, welche die sächlichen Kosten der Standesämter
(§§. 8, 9) zu tragen haben.
1) Bei Ommissiv-Delikten, wie sie hier in Frage stehen, beginnt der Lauf der
Verjährungsfrist erst mit dem Aufhören der Verpflichtung, nicht aber mit dem Ablauf
der für die Erfüllung der Verpflichtung bestimmten Frist. Es kommt dies um so
mehr in Betracht, als die von den Standesbeamten zur Erzwingung der Anzeigepflicht
zu erlassenden Exekutivstrafen im Falle des Unvermögens nicht in Haft umgewandelt
werden können, Res. 31. Okt. 1877 (M. Bl. 1878 S. 2). (Beim Abdruck des vor-
stehenden Reskriptes im Ministerialblatt ist das „nicht“ in Folge eines Druckfehlers
ausgelassen worden.) Vergl. Res. 31. Okt. 1875 (M. Bl. S. 268).
:) Anderweite Zwangsmittel, zwangsweise Sistirung 2c. dürfen Standesbeamte
nicht anwenden, auch nicht, wenn sie zugleich Polizeibeamte sind, Res. 26. Sept. 1878.
3) Ein Standesbeamter, welcher einen in seiner Abwesenheit durch einen Schreiber
aufgenommenen Eheschließungsakt nachträglich vollzogen hatte, wurde wegen Amts-
vergehene der falschen Beurkundung (Str. G. B. §. 348) zu einem Monat Gefängniß
verurtheilt.
Die Strafbestimmung des §. 69 findet nicht Anwendung auf Außerachtlassung
der in §. 38 erwähnten Vorschriften, Erk. 24. Juni 1882 (Der Standesbeamte S. 245)
Ein Standesbeamter macht sich nach §. 69 Ges. 6. Febr. 1875 strafbar, wenn
er, nachdem sein Stellvertreter das Aufgebot angeordnet hat, von eigener Prüfung
des Vorhandenseins der GEheerfordernisse absehend, eine unzulässige Eheschließung voll-
zieht, Erk. 11. Nov. 1887 (E. Crim. XVI. 321).
Ein Standesbeamter ist nach §. 69 Ges. 6. Febr. 1875 strafbar, wenn er unter
absichtlicher oder fahrlässiger Außerachtlassung der Vorschriften, welche die Ehe der
Militärpersonen von einer Erlaubniß abhängig machen, die Eheschließung einer Mi-
litärperson vollzieht, Erk. 13. Nov. 1886 (E. Crim. XV. 47), oder unter absicht-
licher oder fahrlässiger Außerachtlassung von landesgesetzlichen Vorschriften, welche vor
der Ebeschließung eine Nachweisung über Auseinandersetzung oder Sicherstellung des Ver-
mögens erfordern (§. 38 Abs. 2 des Ges.), Erk. 14. März 1887 (E. Crim. XV.
374). Das Personenstandsgesetz enthält keine Vorschrift, daß der Standesbeamte sich
die Thatsache, daß die vor ihm auftretenden Verlobten nicht bereits verheirathet seien,
durch Urkunden oder eidesstattliche Erklärungen nachweisen zu lassen haben, Erk.
14. Nov. 1837 (E. Crim. XVI. 388).
4) Obige Bestimmung findet ebenso hinsichtlich der im Verwaltungswege fest-
gesetzten Ordnungs= und Exekutivstrafen, wie hinsichtlich der gerichtsseitig (gegen
Geistliche, säumige Anzeigepflichtige, Standesbeamte, in den Fällen der 8§§. 67 bis 69)
erkannten Strafen Anwendung In den aus mehreren Gemeinden zusammengesetzten
Standesamtsbezirken ist die Gesammtheit der diesen Bezirk bildenden Gemeinden
zum Bezug der Gebühren und Geldstrafen berufen, wie sie nach §. 9 die Kosten der
Standesamtsverwaltung — nach dem Maßstabe der Seelenzahl der einzelnen Ge-
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