Abschnitt XIV. Genossenschafts-Gesetz. 849
Wer in die Genossenschaft eintritt, haftet auch für die vor seinem Eintritt
eingegangenen Verbindlichkeiten.
in den vorstehenden Bestimmungen zuwiderlaufender Vertrag ist ohne
rechtliche Wirkung.
Frauen können in Betreff der durch ihre Mitgliedschaft übernommenen
Verpflichtungen sich auf die nach Landesgesetzen für sie geltenden Rechtswohl-
thaten nicht berufen.
Dritter Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung.
§. 24. Die Genossenschaft wird durch den Vorstand gerichtlich und außer-
gerichtlich vertreten:).
Der Vorstand besteht aus zwei Mitgliedern und wird von der General-
versammlung gewählt. Durch das Statut kann eine höhere Mitgliederzahl,
sowie cine andere Art der Bestellung festgesetzt werden.
Die Mitglieder des Vorstandes können besoldet oder unbesoldet sein. Ihre
Bestellung ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsan-
sprüche aus bestehenden Verträgen.
§. 25. Der Vorstand hat in der durch das Statut bestimmten Form seine
Willenserklärungen kundzugeben und für die Genossenschaft zu zeichnen. Ist
nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämmtliche
Mitglieder des Vorstandes erfolgen. Weniger als zwei Mitglieder dürfen hier-
für nicht bestimmt werden.
Die Zeichnung geschieht in der Weise, daß die Zeichnenden zu der Firma
der Genossenschaft oder zu der Benennung des Vorstandes ihre Namensunter-
schrift beifügen.
§. 26. Die Genossenschaft wird durch die von dem Vorstande in ihrem
Namen geschlossenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet, es ist gleichgültig,
ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Genossenschaft geschlossen worden
ist, oder ob die Umstände ergeben, daß es nach dem Willen der Vertrags-
schließenden für die Genossenschaft geschlossen werden sollte).
Zur Legitimation des Vorstandes Behörden gegenüber genügt eine Be-
scheinigung des Gerichts (§. 10), daß die darin zu bezeichnenden Personen als
Mitglieder des Vorstandes in das Genossenschaftsregister eingetragen sind?).
§. 27. Der Vorstand ist der Genossenschaft gegenüber verpflichtet, die
Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang seiner Befugniß, die Ge-
nossenschaft zu vertreten, durch das Statut oder durch Beschlüsse der General-
versammlung festgesetzt sind.
Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugniß des Vorstandes,
die Genossenschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere
für den Fall, daß die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten
von Geschäften erstrecken oder nur unter gewissen Umständen oder für eine
pewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll, oder daß die Zustimmung
er Generalversammlung, des Aussichtsraths oder eines anderen Organs der
Genossenschaft für einzelne Geschäfte erfordert ist.
8., 28. Jede Aenderung in, der Zusammensetzung des Vorstandes, sowie
eine Wiederwahl oder eine Beendigung der Vollmacht von Mitgliedern desselben
muß ohne Verzug zur Eintragung in das Genossenschaftsregister angemeldet
werden. Zugleich haben neue Mitglieder ihre Unterschrift vor dem Gerichte zu
zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter") Form einzureichen. Eine Ab-
1) Die Vorstandsmitglieder können in Sachen der Genossenschaft nicht Zeugen
sein, E. Civ. II. 400; XVII. 467. ch ssensch v
:) Die Rechtsgültigkeit der Handlungen des Vorstandes wird nicht durch dessen
Eintragung bedingt, E. Civ. IX. 90.
*) Für Bescheinigungen aus dem Register sind nur Schreibgebühren und der
tarismäßige Stempel in Ansatz zu bringen, Res. 29. Mai 1895 (J. M. Bl. S. 171).
4) Jede Beglaubigung genügt, Ausf. Bd. §. 8. Anmeldung und Eintragung
der neu oder wiedergewählten Vorstandsmitglieder kann nicht vor Beginn ihres Amtes
erfolgen, Ausf. Vd. F. 19.
Illing-Kautz, Handbuch I, 7. Aufl. 54