Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

74 Abschnitt III. Allgemeines. 
§. 72. Wer sich durch Bestechungen oder andere unerlaubte Wege in ein Amt 
eindrängt, soll desselben sofort wieder entsetzt werden. 
§. 73. Alle Verträge und Versprechungen, wodurch Jemandem, gegen Zuwen- 
dung eines Amtes, Privatvortheile zugesagt oder wirklich eingeräumt werden, sind 
null und nichtig. " 
#§. 74. Auch Verabredungen zwischen einem abgehbenden Beamten und dessen 
Nachfolger, wodurch dem Erstern von den Einkünften des Amtes etwas vorbehalten 
werden soll, sind nur so weit gültig, als sie von der vorgesetzten Behörde ausdrücklich 
genehmiat worden ½. 
§. 75. Wer wissentlich eine Bedienung einer dazu nicht tauglichen Person an- 
vertraut, muß dem Staat, und den einzelnen Bürgern desselben, für allen durch die 
Unwissenheit und Untauglichkeit eines solchen Bedienten entstandenen Nachtheil gerecht 
werden (Tit. 20 Abschn. 8). 
§. 76. Niemand soll sich eigenmächtig die Verwaltung eines Amtes anmaßen, 
wozu er von der vorgesetzten Behörde nicht angewiesen worden. 
8. 77. Wer dieses thut, und vermöge eines solchen Amtes Handlungen vor. 
nimmt, zu welchen er nach den Gesetzen überhaupt nicht gqualificirt ist, dessen Hand- 
lungen sind unkräftig. 
§. 78. Mangelt es ihm nicht an den erforderlichen Eigenschaften zu Hand- 
lungen dieser Art überhaupt, so können zwar seine Handlungen, zum Nachtheil der 
Parteien, in der Regel, und wo nicht besondere Gesetze ein Anderes vorschreiben, für 
nichtig nicht angesehen werden ?. 
§. 79. Er hat aber, auch in diesem Falle, nach Verhältniß des Grades seiner 
Schuld bei der ungebührlichen Anmaßung des Amtes, seiner aus den Umständen sich 
ergebenden unerlaubten Absicht dabei, und der aus der Anmaßung entstandenen schäd- 
lichen Folgen, wenn nicht besondere Gesetze die Ahndung näher bestimmen, willkür. 
liche Geld= oder Gefängnißstrafe verwirkt 3). 
§. 80. Alles, was der unbefugte Anmaßer bei Geleaenbeit der von ihm unter. 
nommenen Amtshandlungen empfangen hat, muß er zurückgeben. 
§. 81. Niemand soll, bei zehn bis dreihundert Thalern siskalischer Geldstrafe") 
sich ein Amt anmaßen, welches ihm nicht auf eine der eingeführten Ordnung gemäße 
Art übergeben worden. 
§. 82. Allen Schaden, welcher aus solchen ungebührlichen Anmaßungen für den 
Staat oder einen Dritten entsteht, muß er ersetzen. 
#§s. 83 Wer einem Kassenbedienten die Kasse übergiebt, ehe und bevor die Amtsg. 
kaution desselben berichtigt worden, ist für allen daraus entstandenen Schaden ver- 
haftet 5). 
f 8. 84. Titel und Rang, welche mit einem Amt verbunden sind, werden, nebst 
dth abhängenden Vorrechten, schon durch die darüber ausgefertigte Bestallung 
verliehen?"). 
Rechte und Pflichten derselben in Ansehung ihres Amtes. 
§. 85. Die Rechte und Pflichten der Civilbedienten, in Beziehung auf das ihnen 
) Vergl. hierzu K. O. 17 Ang. 1811 (Rabe VI. 574). 
2) Vergl. aber A. L. R. II. 17 §s. 59; A. G. O. II. 2 8. 2ff. 
*) R. Str. G. B §s 132. Ueber die Anmaßung geistlicher Amtsbandlungen 
vergl. die Dekl. zu §. 76 vom 9. März 1834 (G. S. S. 60); Ges. 11. Mai 1873 
s8 23, 24; 14. Juli 1880 (G. S. S. 285) Art. 5; 11. Juli 1883 (G. S. S. 109) 
Art. 3; 21. Mai 1886 (G S. S. 147) Art. 15; 29. April 1887 (G. S. S. 127) 
Art. 2 §. 5. Die Deklaration hat in den neuerworbenen Landestheilen nicht Gesetzes- 
kraft, Erk. O. Trib. 4. Febr. 1876 (E. LXXVII. 375); sie ist nicht anwendbar 
auf Personen, die außerhalb der anerkannten oder ausdrücklich aufgenommenen 
Kirchengesellschaften ohne Ordination religiöse Handlungen vornehmen, Erk. O. Trib. 
18. März 1853 (E. XXV. 224). 
"4) Die Strafe ist fortgefallen, R. Str. G. B. 8. 132. 
5) Vergl. weiter unten. 
6) Ueber die Titel-, Rang= und Anciennetätsverhältnisse der Beamten vergl Vd. 
7. Febr. 1817 (G. S. S. 61); A. E. 11. Aug. 1879 (G. S. S. 579), betr. die 
Rangverhältnisse dery richterlichen Beamten r2c.; A. E. 19. Febr. 1849 (M. Bl. 
S. 39), betr. das Prädikat „Ercellenz“. 
–"
	        
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