Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt III. Allgemeines. 75 
anvertraute Amt, werden, durch die darüber ergangenen besondern Gesetze, und durch 
ihre Amtsinstruktionen bestimmt. 
§. 86. Niemand soll sein Amt zur Beleidigung oder Bevortheilung Anderer 
mißbrauchen ). 
§. 87. Was ein Beamter vermöge seines Amtes und nach den Vorschriften 
— unternimmt, kann gegen ihn als eine Privatbeleidigung nicht gerügt 
werden?. 
§. 88. Wer ein Amt übernimmt, muß auf die pflichtmäßige Führung desselben 
die genaueste Aufmerksamkeit wendens). 
§. 89. Jedes dabei begangene Versehen, welches bei gehöriger Aufmerksamkeit, 
und nach den Kenntnissen, die bei der Verwaltung des Amtes erfordert werden, hätte 
vermieden werden können und sollen, muß er vertreten. 
§. 90. Vorgesetzte, welche durch vorschriftsmäßige Aufmerksamkeit die Amts- 
vergehungen ihrer Untergebenen hätten hindern können, sind für den aus Vernach- 
lässigung dessen entstehenden Schaden, sowohl dem Staat, als einzelnen Privatpersonen, 
welche darunter leiden, verhaftet ). 
8. 91. Doch findet in beiden Fällen (88. 89, 90) die Vertretung nur alsdaun 
statt, wenn kein anderes gesetzmäßiges Mittel, wodurch den nachtheiligen Folgen eines 
solchen Versehens abgeholfen werden könnte, mehr übrig ist. 
§s. 92. Kein Beamter darf den zur Ausübung seines Amts ihm angewiesenen 
Wohnort ohne Vorwissen und Genehmigung seiner Vorgesetzten verlassen. 
§. 93. In wie fern, zu bloßen Reisen und Entfernungen auf eine Zeit lang, 
die Erlaubniß der unmittelbaren oder höhern Vorgesetzten erforderlich sei, ist nach den 
einer jeden Klasse von Beamten vorgeschriebenen besondern Gesetzen und Amtsinstruk- 
tionen zu bestimmen. 
1) R. Str. G. B. §§. 339 ff.; K. O. 21. Nov. 1835 (G. S. S. 237), betr. 
die Amtsverschwiegenheit der öffentlichen Beamten. 
2) Vergl. Ges. 13. Febr. 1854 (G. S. S. 86), weiter unten, Einf. Ges. z. 
Ger. Verf. Ges. §. 11, betr. die strafrechtliche und civilrechtliche Verfolgung öffent- 
licher Beamten wegen Amtshandlungen: R. Str. G. B. §. 193. 
3) §8§. 89, 90, 91. 127 ff.; A. L. R. II. 15 §§. 12, 110; 17 §§8. 90—97; die 
§§. 88 ff. find auch auf mittelbare Staatsbeamte anzuwenden. Erk. O. Trib. 6. April 
1853 (Str. Arch. IX. 86), vom 3. Juni 1859 (das. XXXIII. 279), aber nicht auf 
Rechtsanwälte, auch wenn sie von Amtswegen zugeordnet sind, und auf Notare; bei 
diesen entscheiden die Grundsätze des Vollmachtsvertrages, Erk. O. Trib. 13. Mai 
1861 (E XLV. 444), 17 März 1871 (E. IXV. 370). 
Der Beamte haftet nach §. 88 für jedes Versehen, auch für das geringste (Nassow 
u. Küntzel XXVIII. 968, XXX. 137); vergl. Erk. O. Trib. 16. März 1868 (Str. 
Arch. LXX. 188). 
Das Erk. O. Trib. 22. Febr. 1856 (Str. Arch. XX. 195) hatte den Beamten 
abweichend hiervon nur für grobes und mäßiges Versehen haftbar erklärt. 
Die Bestimmungen in A. L. R. I. 6 §§. 18 ff., wonach Schuld des Beschä- 
digten vom Schadensersatze befreit, finden auch hier Anwendung, Erk. O. Trib. 
30. Mai 1859 (Str. Arch. XXXIII. 274); R. G. 7. April 1883 (Rassow u. 
Küntzel XXVII. 894). 
4) Vergl. Str. Arch. VI. 89. Haftung des Staats für Amtshandlungen der 
Beamten. A. L. R. II. 15 §§. 12, 110; Grundb. O. §. 29; H. G. B. Art. 400, 
421:; Reichspostges. §§. 6ff. Der Staat als Inhaber der Hoheitsrechte und der Re- 
gierungsgewalt und der Fiskus sind zu scheiden; der Fiskus haftet, von den durch das 
Gesetz bestimmten Ausnahmefällen abcesehen, für die Erfüllung der aus dem Privat- 
recht fließenden Verbindlichkeiten gleich Privatpersonen und darf im Falle pflicht- 
widriger Handlungen seiner Beamten den Beschädigten nicht an den Beamten ver- 
weisen; dies gilt für Kontraktverhältnisse ebenso wie für Verbindlichkeiten, welche den 
Fiskus als Inhaber von Vermögensrechten und Theilhaber an dem bürgerlichen Ver- 
sebr aus dem Gesetze selbst treffen, z. B. als Grundeigenthümer. Vergl. E. O. Trib. 
5) Preuß. Verf. Art. 78; Disziplinarges. 21. Juli 1862 88. 8 ff. und 7. Mai 
1851 88. 7ff.; J. M. Bl. 1880 S. 15 wegen der Beurlaubung der Justizbeamten. 
Vd. 23. April 1879 (N. G. Bl. S. 134), betr. die Beurlaubung der Gesandten 
und Konsuln.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.