Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

896 Abschnitt XVI. Masern, Scharlach, Rötheln. Augenentzündung. 
§. 47. Hinsichtlich der Desinfektion wird im Fall erfolgter Genesung eines 
Pockenkranken auf §. 19, im Todesfall auf §. 22 verwiesen, und zieht eine Vernach- 
lässigung der deshalb ertheilten Vorschriften die §. 27 gedachte Strafe nach sich. 
§. 48. Jede unnöthige Berührung der Leiche muß vermieden, dieselbe daher 
mit den Kleidern, in welchen der Kranke gestorben ist, in einen Sarg mit verpichten 
Fugen gelegt, nicht zur Schau ausgestellt, sondern still zu Grabe gebracht, wo möglich 
gefahren werden. 
Denjenigen, welche mit der Leiche haben in Berührung kommen müssen oder 
dieselbe etwa zu Grabe getragen haben, ist eine Reinigung (nach §. 22) zu 
empfehlen. 
§. 49. Sämmtliche, die echten Menschenpocken betreffende sanitäts-polizeiliche 
Anordnungen sind auch bei den sogenannten Varioloiden oder modifizirten Menschen- 
pocken zu befolgen. 
8. 601) 
§. 55. Brechen in einem Hause Pocken aus, so ist genau zu untersuchen, ob 
in demselben noch ansteckungsfähige Individuen vorhanden sind, deren Vaccination 
alsdann in der kürzesten Zeit vorgenommen werden muß. 
Bei weiterer Verbreitung der Krankheit sind zugleich sämmtliche übrigen 
Einwohner auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen, und aufzufordern, ihre 
noch ansteckungsfähigen Angehörigen schleunigst vacciniren zu lassen; zu welchem 
Ende von Seiten der Medizinalpolizei die nöthigen Veranstaltungen getroffen und 
erforderlichen Falls Zwangs-Impfungen bewirkt werden muüssen. 
5. Masern, Scharlach und Rötheln. 
§. 59. Bei den Masern, Scharlach und Rötheln sind die Aerzte, bei der g. 41 
bestimmten Geldstrafe, zur Anzeige alsdann verpflichtet, wenn besonders bösartige oder 
besonders zahlreiche Fälle ihnen vorkommen. Die Polizeibehörde hat im letzten Fall 
Maßregeln zu treffen, um sich in Kenntniß über den Fortgang der Epidemie zu er- 
halten, und danach nöthigen Falls die Verpflichtung zur Anzeige aller vorkommenden 
Erkrankungsfälle nach §. 41 festzustellen. 
§. 60. Die Bezeichnung der Krankenwohnung durch eine Tafel oder die Isolirung 
des Kranken (§. 18 a. b.) ist ebenfalls nur in Fällen besonderer Bösartigkeit er- 
forderlich; und sind alsdann die von der Behörde getroffenen Anordnungen bei Ver- 
meidung der §. 26 bestimmte Strafe genau zu befolgen. In den übrigen Fällen 
haben die Angehörigen der Kranken den Verkehr derselben mit anderen ansteckungs- 
fähigen Individuen möglichst zu verhüten. 
§. 61. Die Desinfektion der Genesenen und der während der Krankheit benutzen 
Effekten und Wohnungen geschieht auf die in der Anweisung zum Desinfektions- 
verfahren vorgeschriebene Weise. 
6 d Vernachlässigung dieser Bestimmung zieht die §. 27 angedrohte Strafe 
nach sich. 
6. Kontagiöse Augenentzündung. 
Bestimmungen hinsichtlich des Militärs). 
S. 622). 
Verfahren bei Civilpersonen und öffentlichen Anstalten. 
§. 63. Kommen dergleichen Augenkranke unter den Civilpersonen vor, so treten 
hinsichtlich derselben die allgemeinen sanitäts-polizeilichen Vorschriften für die minder 
gefährlichen ansteckenden Krankheiten in Wirksamkeit (§. 18•h. 
  
) Die §§. 50—58 enthielten Vorschriften über die Impfung und find mit Aug. 
nahme des §. 55 veraltet. Letzterer ist aufrecht erhalten durch §. 18 Abs. 3 Impfges. 
8. April 1874 (R. G. Bl. S. 31). Vergl. dies Ges. und Ausf. Ges. 12. April 
1875 (G. S. S. 191) weiter unten. 
2:) Zu 88. 62—64 vergl. Res. 11. Nov. 1862 (M. Bl. S. 328). 
„) Interessirt hier nicht und ist auch vielfach abgeändert. Vergl. Res. 24. Mai 
1893 bei Wernich, Medizinalgesetze, 3. Aufl. S. 442.
	        
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