Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

900 Abschnitt XVI. Impf-Gesetz. 
unterrichtet ist, bei Vermeidung einer Geldstrafe von 30 Mark oder 14tägiger Haft- 
Strafe, den nächsten Arzt oder Chirurg sofort davon in Kenntniß zu setzen. — — —. 
§. 107. Kommt bei einem von einem wuthkranken Thiere gebissenen Menschen 
die Wasserschen zum Ausbruch, so ist davon durch den Arzr, bei Vermeidung einer 
Geldstrafe von 15 Mark, ungesäumt der Polizeibehörde Anzeige zu machen. 
12. Milzbrand und 13. Rotz und Wurm. 
§. 117. Erkrankt ein Mensch durch Ansteckung von miszbrandkranken Thieren 
an der schwarzen Blatter oder auf andere Weise, so muß davon sogleich der Polizei- 
behörde Anzeige gemacht werden (§. 107) Bleibt derselbe in seiner Wohnung, so 
findet bei Vermeidung der im §. 26 erwähnten Strafe, eine Bezeichnung derselben 
mittelst einer Tafel oder eine genaue Isolirung des Kranken nach §. 18 a, b statt. 
§. 118. Alles, was zum Reinigen und Verbinden des Kranken gebraucht worden 
ist, muß ohne Verzug vernichtet werden. Nach Beendigung der Krankheit sind die 
Wohnung des Kranken, sowie sämmtliche mit demselben in Berührung gekommene 
Gegenstände nach Vorschrift der Desinfektions-Instruktion und bei Vermeidung der 
8. 27 angedrohten Strafe zu reinigen oder resp. zu vernichten. 
S. 122. Ist die Ansteckung eines Menschen durch Rotz= oder Wurmkrankheit 
erfolgt, so gelten die §§. 117 und 118 gegebenen Vorschriften. 
  
Impf-Gesetz'. 
Vom 8. April 1874 (R. G. Bl. S. 31). 
§. 1. Der Impfung mit Schutzpocken soll unterzogen werden: 
1. jedes Kind vor dem Ablaufe des auf sein Geburtsjahr folgenden Ka- 
lenderjahres, sofern es nicht nach ärztlichem Zeugniß (S. 10) die natür- 
lichen Blattern überstanden hat; 
2. jeder Zögling einer öffentlichen Lehranstalt oder einer Privatschule, mit 
Ausnahme der Sonntags= und Abendschulen, innerhalb des Jahres, in 
welchem der Zögling das zwölfte Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht 
nach ärztlichem Zeugniß in den letzten fünf Jahren die natürlichen 
Blattern überstanden hat oder mit Erfolg geimpft worden ist. 
§. 2. Ein Impfpflichtiger (§. 1), welcher nach ärztlichem Zeugniß ohne 
Gefahr für sein Leben oder für seine Gesundheit nicht geimpft werden kann, 
ist binnen Jahresfrist nach Aufhören des diese Gefahr begründenden Zustandes 
der Impfung zu unterziehen. ç . 
Ob diese Gefahr noch fortbesteht, hat in zweifelhaften Fällen der zuständige 
Impfarzt (§. 6) endgültig zu entscheiden. " 
§. 3. Ist eine Impfung nach dem Urtheile des Arztes (§. 5) erfolglos 
geblicben, so muß sie spätestens im nächsten Jahre, und falls sie auch dann 
erfolglos bleibt, im dritten Jahre wiederholt werden. 
  
1) Eingeführt in Helgoland Vd. 24. Juli 1893 (R. G. Bl. S. 236); Kom- 
mentar von Stenglein in strafrechtliche Nebengesetze des Deutschen Reiches, 2. Aufl. 
Berlin 1895, S. 219. 
Ausf. Best., betr. das Impfgeschäft, 18. Juni 1885 (M. Bl. 1886 S. 51). 
Bundesrathsbeschl. 16. Okt. 1874 (M. Bl. S. 255), betr. die Formulare füc 
die Impfscheine, die Zeugnisse (§. 10 Abs. 2) und die Impflisten. Bundesrathsbeschl. 
5. Sept. 1878 (M. Bl. S. 242), betr. die Abänderung der Formulare zum Impf- 
Gesetz 
— Orten, an welchen ansteckende Krankheiten, wie Scharlach, Masern, Croup, 
Keuchhusten, Flecktyphus, rosenartige Entzündungen, in größerer Verbreitung auftreten, 
ist die Impfung während der Dauer der Epidemie nicht vorzunehmen, Res. 18. Juni 
1885 (M. Bl. 1886 S. 51, Anlage 1 S. 1). 
Zur Durchführung der reichsgesetzlichen Vorschriften können von den Ortspolizei- 
behörden Zwangsmittel aus §. 132 L. V. G. (also auch unmittelbarer Zwang durch 
Vorführung der Impflinge) angewendet werden, E. O. V. XXVIII. 396.
	        
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