Abschnitt XVI. Kirchhöfe. 905
Gemäß Res. 16. März 1802 (Rabe VII. 80) und 18. Jon. 1803 (A. XV.
852 ist das öffentliche Ausstellen von Leichen und das Oeffnen der Särge bei den
Begräbniß-Ceremonien verboten.
Wegen der Leichenreden vergl. Anm. zu §. 10 des Vereinsges. oben S. 835f.
Wegen der Ablieferung von Leichen aus öffentlichen Anstalten an die anatomischen
Institute vergl. Res. 9. Juni 1889 (M. Bl. S. 133).
In einzelnen größeren Orten ist eine Todtenschau polizeilich eingeführt; Regierungs-
Bezirk Kassel Vd. 15. Mai 1824, Res. 13. Juli 1868 (M. Bl. S. 207) Nr. 11.
Allgemeines Landrecht Th. II. Tit. 1170.
§. 184. In den Kirchen und in bewohnten Gegenden der Stüädte sollen keine
Leichen beerdigt werden.
§. 185. Bei Verlegungen der Begräbnißplätze können diejenigen, welche bisher
erbliche Familienbegräbnisse in den Kirchen besessen haben, die unentgeldliche Anweisung
eines schicklichen Platzes dazu auf dem neuen Kirchhofe fordern.
§. 186. Ohne Anzeige bei den geistlichen Obern sollen Leichen anderswo, als
auf einem öffentlichen Kirchhofe, nicht begraben werden.
§. 187. Niemand kann, durch Veranstaltung eines solchen Privatbegräbnisses,
der Kirchenkasse und der Geistlichkeit die ihnen zukommenden Abgaben entziehen.
§s. 188. Ohne Erkenntniß des Staats soll Niemandem das ehrliche Begräbniß
auf dem öffentlichen Kirchhofe versagt werden.
§. 189. Auch die im Staate aufgenommenen Kirchengesellschaften der verschie-
denen Religionsparteien dürfen einander wechselweise, in Ermangelung eigener Kirch-
höfe, das Begräbniß nicht versagen
§5. 190. Wo der Kirchhof erweislich nicht der Kirchengesellschaft, sondern der
Stadt= oder Dorfgemeinde gehört, da kann jedes Mitglied der Gemeinde, ohne Unter-
schied der Religion, auch auf das Begräbniß daselbst Anspruch machen.
§. 764. Die Anlegung neuer Begräbnißplätze soll nur aus erheblichen Ursachen,
und nur unter Einwilligung der geistlichen Obern, sowie der Polizeivorgesetzten des
Orts stattfinden.
§. 765. Durch dergleichen neue Anlagen sollen dem Pfarrer und den Kirchen-
bedienten an ihren bisherigen Gebühren nichts entzogen werden.
Zur Anlegung neuer Begräbnißplätze der evangelischen Kirche ist Genehmi-
gung des Regierungspräsidenten erforderlich, Art. 24 Nr. 6 Ges. 3. Juni 1876
betr. die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Monarchie;
Art. 32, 6 Ges. 6. April 1878; Art. 21, 6 Ges. 6. Aug. 1883; §. 3, 7 Ges. 6. Mai
1885; Art. 18, 6 Ges. 19. März 1886; Art. 5, 6 Ges. 2. Juni 1890 in Ver-
bindung mit Art. I, 2 Vd. 30. Jan. 1893 (G. S. S. 10) — der katholischen
Kirche des Regierungspräsidenten, wenn katholische Kirchengemeinden (6. 50, 5 Ges.
20. Juni 1875 und Vd. 30. Jan. 1893, G. S. S. 13), des Oberpräsidenten, wenn
Diözesen (s. 2, 6 Ges. 7. Juni 1876 und Vd. 30. Jan. 1893, G. S. S. 11) in
Frage kommen. Die früher hier erforderliche Ministerial-Genehmigung ist dadurch
aufgehoben.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Anlegung nicht kirchlicher Begräbnißplätze
gehört im Geltungsgebiet des A. L. R. zur Zuständigkeit der Ortspolizeibe-
hörden, Res. 12. Aug. 1891 (M. Bl. S. 140); soweit nicht etwa die Landes-
polizeibehörde bei Handhabung des polizeilichen Schutzes der Begräbnißplätze als eines
Theiles der äußeren kirchlichen Ordnung konkurrirt, Erk. 13. Dez. 1890 (E. O. V.
XX. 411).
Die durch die gesundheitspolizeiliche Prüfung der erforderlichen Grundstücke
entstehenden Kosten gehören in diesem Falle zu den Kosten der örtlichen Polizeiver=
waltung, Res. 22. Okt. 1891 (M. Bl. S. 231). Handelt es sich dagegen um
kirchliche, bezw. nicht im Geltungsbereiche des A. L. R. belegene kommunale und
private Begräbnißplätze, so sind jene Kosten von der Staatskasse zu tragen, wenn die
Prüfung die Entscheidung über die erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde
vorbereiten soll, ebenda und Res. 10. Sept. 1889 (M. Bl. S. 163).
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1) Vergl. hierzu die Anm. im Abschn. „Kirchenrecht“ unten Bd. II.
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