948 Abschnitt XVII. Nahrungsmittel-Gesetz.
Zu Anmerkung 2 auf S. 947. #
ihnen den Schein besserer Qualität zu geben — Herstellung von Fabrikmenado aus
brasilianischen Kaffeebohnen — E. Crim. XXV. 117. Z
Schwierig wird die Entscheidung, wenn für einen Gegenstand die Eigenschaft
einer neuen oder selbständigen Waare beansprucht wird. Entscheidend ist, ob das ver-
zehrende Publikum nach dem Namen der Waare eine gewisse Zusammensetzung an-
zunehmen berechtigt war, oder durch deren Bezeichnung aufmerksam gemacht ist, etwas
Neues und Unbekanntes, oder doch nicht bestimmte Bestandtheile enthaltendes anzu-
nehmen. Nach diesen Gesichtspunkten ist gefärbte Margarine als Fälschung von
Butter, E. Crim. XIX. 151, die Herstellung eines Kunstprodukts von Talg und
Speiseöl als Nachahmung von Schweineschmalz erklärt, E. Crim. XXV. 183.
Eine strafbare Verfälschung von Nahrungs= oder Genußmitteln kann — im
Gegensatz zur bloßen Etikettirung oder Emballage — in den beiden Richtungen einer
verheimlichten Verschlechterung der ursprünglichen Waare durch Entnehmen und Zu-
setzen von Stoffen und einer scheinbaren Verbesserung einer minder guten und minder
gut gewordenen Waare durch Anwendung künstlicher Mittel auf dieselbe begangen
werden, Erk. 18. Febr. 1882 (E. Crim. VI. 51). Z
Der Begriff des „Verfälschens" eines Nahrungsmittels setzt eine mit ihm
vorgenommene Veränderung voraus. Diese braucht aber nicht nothwendig die stoff-
liche Zusammensetzung der Sache zu treffen; es kann eine Manipulation dazu ge-
nügen, durch die der Schein einer besseren Beschaffenheit, als sie in Wirklichkeit vor-
handen ist, hervorgerufen wird, Erk. R. G. 2. Dez. 1881 (E. Crim. V. 178)
(in casu waren die Kiemen der Fische mit rother Farbe bestrichen worden, um ihnen
ein besseres Ansehen zu geben.) »
Verfälschen von Butter im Sinne des 8. 10 liegt auch dann vor, wenn bei der
Herstellung ein den normalen Prozentsatz von Wasser übersteigendes Quantum Wasser
in der Butter belassen wird. Butter von normaler Beschaffenheit darf neben dem
Butterfette höchstens 20 Prozent Wasser enthalten, Erk. R. G. 31. Jan. 1888 (E.
Crim. XVII. 100).
Es ist nicht rechtsirrthümlich, wenn eine Verfälschung von Nahrungemitteln ge-
funden wird in einem Zusatze von geringwerthigem Stoff zu einem höher-
werthigen, wenn auch ersterer ein unschädliches im reellen Handel vorkommendes
Nahrungsmittel ist. Der Verkauf der Waare braucht nicht an Konsumenten erfolgt
zu sein, Erk. R. G. 13. Nov 1880 (Rechtspr. II. 506).
Der Begriff „Verfälschung“ setzt nicht nothwendig voraus, daß eine bereits zu-
sammengesetzte Sache in ihren einzelnen Bestandtheilen verändert worden ist, son-
dern findet auch Anwendung, wenn eine Sache erst durch Hinzunahme von nach der
Verkehrsauffassung nicht reellen und nicht üblichen Substanzen hergestellt und auf
diese Weise zu einer mit den in Handel und Wandel gewöhnlich vorausgesetzten Eigen-
schaften nicht versehenen Waare geworden ist, Erk. K. G. 11. Nov. 1886 (E. K. VII.
232). (Un casu wurde ein Schlächtermeister wegen Vergehens gegen das Nah-
rungsmittelgesetz und wegen Betruges verurtheilt, weil er den von ihm verfertigten
Zuge— und Mettwürsten im Verkehr minderwerthige Pferdefleischbestandtheile zugesetzt
atte.
Der Zusatz eines zur normalen Bierbereitung nicht gehörigen Stoffes in der
Absicht, das Bier dem Abnehmer als malzreicher erscheinen zu lassen, als es in Wirk-
lichkeit ist, bildet eine Fälschung des Bieres, auch wenn der Brauer nicht in ge-
winnsüchtiger Absicht handelt, oder wenn keine Verschlechterung des Bieres einmitt,
Erk. R. G. 20 Nov. 1882 (Rechtspr. IV. 826). Beimischung von Neigenbier zu
gutem Bier ist Fälschung, Erk. R. G. 1. Okt. 1885 (E. Crim. XII. 400), desgl.
der Zusatz von Saccharin zu Bier, E. Crim. XXIV. 36, und von Wasser zu fer-
tigem Bier, E. Crim. XXIII. 383; Vermischung zweier Biersorten, um das Ge-
misch als bessere Sorte zu verkaufen, Erk. R. G. 29. Nov. 1889 (R. u. St. A. 1890
S. 149).
Klärungsmittel, die die Substanz und Zusammensetzung des Bieres nicht ändern,
sind erlaubt, Erk. 5. Juli 1883 (E. Crim. V. 495). Hausenblase und Gelatine sind
nicht ohne jede Einschränkung als erlaubte Klärungsmittel anzusehen, Erk. 21. Mai
1885 (Rechtspr. VII. 316, 2). Salichlsäure ist zulässig, sofern sie dazu dient, einen
guten Stoff vor Verschlechterung zu bewahren, Erk. 15. Dez 1884 (E. Crim. XI.