Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1302 Abschnitt XLI. Mitglieder der Kirchengesellschaften. 
8. 76. Auch außer der Kirche müssen Geistliche, denen die Seelsorge bei 
einer Kirchengesellschaft anvertraut ist, an der Belehrung und moralischen 
Besserung ihrer Mitglieder unermüdet arbeiten. 
§. 76. Zu den Privatmahnungen, in sofern dieselben mit Sanftmuth und 
Bescheidenheit geschehen sind sie berechtigt. 
77. Wenn sie einem Mitgliede der Gemeinde seine Vergehungen ins 
Gehelm vorhalten, so sind sie nicht schuldig, die Quellen ihrer davon erhaltenen 
Nachrichten anzugeben. 
§. 78. Dergleichen geheime Vorhaltungen sollen niemals für Injurien 
angesehen werden. 
§. 79. Fehlen sie dabei aus Mangel an Sanftmuth und Bescheidenheit, 
so müssen die geistlichen Obern sie deshalb zurechtweisen. 
§zj. 80. Was einem Geistlichen unter dem Siegel der Beichte, oder der 
geistlichen Amtsverschwiegenheit anvertraut worden, das muß er bei Verlust 
seines Amtes geheim halten. 
§. 81. Auch zum gerichtlichen Zeugnisse.) über den Inhalt solcher Er- 
öffnungen kann ein Geistlicher ohne den Willen desjenigen, der ihm dieselbe 
anvertraut hat, nicht aufgefordert werden. # 
§. 32. Soweit aber die Offenbarung eines solchen Geheimnisses noth- 
wendig ist, um eine dem Staate drohende Gefahr abzuwenden, oder ein Ver- 
brechen zu verhüten, oder den schädlichen Folgen eines schon begangenen Ver- 
brechens abzuhelfen oder vorzubeugen, muß der Geistliche dasselbe der Obrigkeit 
anzeigen?). 
§. 83. In öffentlichen Vorträgen muß jeder Geistliche aller persönlichen 
Anzüglichkeiten?) sich enthalten. 
§. 84. Schilderungen der in einer Gemeinde herrschenden Laster sind keine 
Anzüglichkeiten. 
§. 85. Sie arten aber darin aus, wenn Personen genannt, oder durch 
individuelle Nebenumstände kundbar gemacht werden. 
§. 86. Kein Geistlicher darf eigenmächtig irgend ein Mitglied der Ge- 
pllenge von Beiwohnung des Gottesdienstes, oder von den Sacramenten aus- 
schließen ). 
. 87. Findet er Bedenken, Jemanden zuzulassen, so muß er demselben 
dies Bedenken in Zeiten mit vernünftiger Schonung eröffnen. 
88. Besteht derselbe dennoch auf seiner Zulassung, so muß der Geistliche 
den Vorfall, mit Verschweigung des Namens, seinen geistlichen Obern anzeigen 
und nach deren Vorbescheidung sich achten. 
§. 89. Nur in Fällen, wenn Jemand zu einer gottesdienstlichen Oandlung 
in der Trunkenheit, in anstößiger und ärgerlicher Kleidung, oder sonst in einem. 
Zustande sich darstellt, in welchem er, ohne offenbaren Anstoß und grobes. 
Aergerniß der Gemeinde, oder seiner Mitgenossen bei dieser Handlung, nicht 
zugelassen werden kann, mag der Geistliche einen solchen Menschen, bis auf 
weitere Verfügung der Behörde, zurückweisen. 
§. 90. Der einmal Zurückgewiesene (§§. 87, 89) muß die Vorbescheidung 
der geistlichen Obern abwarten. 
91. Kein Geistlicher kann ein Mitglied der Gemeinde zur Beiwohnung. 
"(r. ottesdienstes, und zum Gebrauche der Sacramente, durch äußern Zwang 
anhalten. 
§. 92. Auch zu Haus= und Krankenbesuchen darf er sich Niemandem gegen. 
dessen erklärte Abneigung aufdringen. 
Rechte und Pflichten in ihren Privatangelegenheiten. 
§. 93. Geistliche dürfen weder für sich selbst, noch durch die in ihrem Hause 
nde Familie, Kaufmannschaft oder bürgerliche Gewerbe treiben?). 
1) Vergl. §§. 52, 1, 55 Str. Pr. O. und §§.# 348, 4, 351 C. Pr. O. 
2) Vergl. §. 139 R. Str. G. B. 
2) Vergl. S§. 110. 130, 130a Str. G. B. 
4) Vergl. jetzt K. G. und Syn. O. 10. Sept. 1873 F. 14. 
5) Geistliche sollen Nebenämter ohne Genehmigung der kirchlichen Obern nicht- 
lebe 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.