Abschnitt XLI. Austritt aus der Kirche. 1369
4. alle öffentlichen gelehrten Anstalten und Schulen, Kirchen 1), Pfarreien,
Kaplaneien, Bikarien und Küstereien, jedoch nur insoweit, als nach dem eugiße
der zuständigen Staatsbehörde die Einnahmen derselben die etatsmäßige Ansgabe
einschließlich der Besoldung oder des statt dieser überlassenen Nießbrauchs nicht über-
steigen; insoweit jedoch eine Angelegenheit zugleich solche Ansprüche betrifft, welche
lediglich das zeitige Interesse der für ihre Person zur Nutzung des betreffenden Ber-
mögens Berechtigten berühren, haben letztere die auf ihren Theil verhältnißmäßig
fallenden Kosten zu tragen; v
5. Militärpersonen rücksichtlich der von ihnen bei der Mobilmachung errichteten
einseitigen und wechselseitigen letztwilligen Verfügungen, sowie der Zurücknahme der-
selben. Die Eröffnung dieser Verfügungen erfolgt gebührenfrei; auch sind Anträge
* Todeserklärung der im Kriege vermißten Militärpersonen gebührenfrei zu be-
arbeiten;
6. Privatunternehmungen, welche nicht auf einen besonderen Geldgewinn der
Unternehmer gerichtet find, sondern einen gemeinnützigen, nicht auf einzelne Familien
oder Korporationen beschränkten Zweck haben, sofern denselben durch besondere gesetzliche
Bestimmung Gebührenfreiheit bewilligt ist. Die bieher solchen Unternehmungen,
3. B. Penfions= und Berficherungsanstalten, Bütrgerrettungsinstituten, gemeinnützigen
Aktiengesellschaften u. s. w. bereits bewilligten Befreiungen bleiben in Kraft. Wenn
in einzelnen Fällen die Befreiung zweifelhaft ist, so ist darüber gemeinschaftlich von
den Ministern der Finanzen und der Justiz zu entscheiden.
Die einem Betheiligten bewilligte Befreiung soll in keinem Falle einem andern
Betheiligten zum Nachtheile gereichen.
§. 9. Die Gebührenfreiheit entbindet nicht von der Zahlung der boaren Aus-
lagen. Bei den besonderen Anordnungen über die Kostenfreiheit bei der ersten Anlegung
der Grundbücher behält es sein Bewenden.
Das Gericht kann anordnen, daß Auslagen, welche durch eine von Amts wegen
veranlaßte Berlegung eines Termins oder durch eine begründet befundene Beschwerde
entstanden find, von der Partei nicht erfordert werden. Dasselbe gilt von den Schreib-
und Postgebühren, falls in Gemäßheit des §. 7 Abs. 2 die Gerichtsgebühren nieder-
geschlagen werden.
Der §. 8 findet gemäß §. 114 des Ges. auch in den Anugelegenheiten der
ftreitigen Gerichtsbarkeit Anwendung.
Gesetz, betreffend den Austritt aus der nirche.
Vom 14. Mai 1873 (G. S. S. 205)7.
§. 1. Der Austritt aus einer Kirchen mitbürgerlicher Wirkung
erfolgt durch Erklärung des Austretenden in Person vor dem
Richter seines Wohnortes)#.
1) Nur die katholische und evangelische Kirche, nicht auch andere wenn auch
s anerkannte, Religionsgesellschaften, Beschl. d. K. G. 30. Sept. 1889 (C.
X. 189).
2) unr. 13. Juni 1873 (J. M. Bl. S. 183).
2) D. h. einer pridvilegirten christlichen Kirche oder einer mit Korporationsrechten
ausgestatteten Religionsgesellschaft. Vgl. Erk. O. Trib. 11. Nov. 1859 (Str. Arch. XXXIV
333) und 29. April 1861 (das. XII. 202); wegen der Sekten Verf. E. O. K.
15. Dez. 1884 (K. G. u. B. Bl. für 1885). — Der Austretende muß 14 Jahre
alt sein, vergl. A. L. R. II. 2 8. 84 u. II. 11 §. 40. Wegen Unzulässigkeit der
Erklärung für Kinder durch den gesetzlichen Vertreter s. Erk. K. G. (C. Bl. U. B.
S. 662) 17. April 1893. — Gegenüber einer öffentl. Agitation zum Ausritt aus
der Kirche können §§. 9—10 Preuß. Preßges. 12. Mai 1851 bedeutsam werden, die
durch §. 30 Reichs-Preßges. 7. Mai 1874 aufrecht erhalten sind. E. K. II. 242, V.
286, X. 267, XI. 312; E. O. V. V. 413. Wegen des weitgehenden Begriffes der
Oeffentlichkeit in diesem Sinne E. K. XI. 312.
Ueber den Austritt aus jüdischen Synagogengemeinden, vergl. Ges. 28. Juli
1876 (G. S. S. 353).
!) Die Erklärung geschieht vor dem Amtsgerichte, §. 25 Ausf.-Ges. z. Ger.