Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

24 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
Wären die Menschen nicht wesentlich hinausgekommen über die — 
wenn auch nicht ganz vollständige — Beschränkung auf den Kreis der 
eigenen Familienwirtschaft, so würde sich ihr Verkehrsbedürfnis immer 
in den engsten Grenzen bewegt haben. 
Erst nachdem die Arbeitsteilung und der Tauschverkehr Hand in 
Hand und in ständiger Wechselwirkung mit einander die Beziehungen 
der Menschen mannigfaltiger zu gestalten begonnen hatten, konnte das 
Hindernis der räumlichen Entfernung stärker in das Bewubtsein treten. 
Sicherlich ist die Arbeitsteilung und damit der Tauschverkehr nur sehr 
langsam und aus unmerklichen Anfängen heraus zutage getreten. 
Keime dazu müssen schon in der reinen Fanilienwirtschaft vorhanden 
gewesen sein. Denn die Arbeitsteilung ruht in letzter Linie auf der 
natürlichen Verschiedenbeit der einzelnen Personen, und schon die 
Verschiedenheit des Geschlechts und der Altersstufen mubte auf eine ge- 
Wisse Verteilung der zur Bedürfnisbefrieäigung notwendigen Verrichtungen 
hindrängen. Mit dem Wachsen der Tauschbeziehungen zwischen den 
einzelnen Wirtschaften mubßte das Verkehrsbe dürfnis wesentlich steigen 
und nach Mabßgabe der Fähigkeit, die Natur zu beherrschen, Befriedi- 
gung suchen. Diese Fähigkeit war lange Zeit hindurch gering und ge- 
stattete die Befriedigung des Verkehrsbedürfnisse nur auf engeren Gebieten. 
Konnte aber auch in diesen engeren Kreisen der Mensch zu er- 
heblichen Verbesserungen fortschreiten, so würde sich doch im ganzen 
das Verkehrswesen immer hnur in verhältnismähig einfachen Formen 
bewegt haben, wenn nicht noch ein anderer Umstand hinzugetreten wärec. 
Das ist die Verschiedenheit der Begabung der Stämme und Völker und 
der natürlichen Ausstattung ihrer Wohnbezirke. Wie von Mensch zu 
Mensch, so machte sich auch von Stamm zu Stamm, von Volk zu Volk 
der vorhandene Unterschied der Leistungsfähigkeit geltend, sobald sie 
erst einmal in Berührung mit einander getreten waren. Als die Men- 
schen erkannten, daß die natürlichen Schranken des eigenen Stammes 
und Volkes und des eigenen Landes ergänzt werden könnten durch den 
Austausch mit anderen Ländern, Stümmen und Völkern, als sich Aus- 
tausch- und Handelsbeziehungen nicht lediglich vorübergehender Art 
zwischen den Stämmen und Völkern entwickelten, da war auch der 
Anstobh gegeben, der den Verkebr aus der örtlichen Beschränkung 
hinaustrieb. Der Handel von Stamm zu Stamm und von Volk zu Volk 
war es, der die Entwickelung des Verkehrswesens in besonderem Mabe 
beeinflußt hat, soweit die Geschichte der Menschheit zurückverfolgt 
werden kann. Er suchte die Beziehungen zu erweitern, er vermehrte 
den Bedürfniskreis der Menschen wesentlich, er war deshalb auch ge- 
nötigt, gröbere Mengen und mannigfaltigere Sachgüter heranzuschaffen. 
Gerade dieser Handel stellte das Verkehrswesen vor immer gröbere Auf- 
gaben, er nötigte deshalb auch zu immer umfassenderen Leistungen so-
	        
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