Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

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2 Die ältesten Zustände bei den Deutschen. 
staatsbürgerlichen Rechte, z. B. in der Volksversammlung, nicht aus- 
üben dürfen, und in Sklaven oder Schalke, die, den Haustieren 
gleich, wie Sachen aber mit Milde behandelt werden, meist außerhalb 
des Hauses wohnen und die Scholle ihres Herrn bebauen. 
[Verfassung.] Die älteste Verfassung der deutschen Völker- 
schaften ist demokratisch. Die höchste Macht steht also bei der 
Volksversammlung, in der die Freien bewaffnet erscheinen, über 
Krieg und Frieden entscheiden, zu Gericht sitzen und alle wichtigen 
Angelegenheiten verhandeln. Die Vorsteher der Völkerschaften — 
Häuptlinge oder bei anderen Stämmen auch Könige — wählt 
man gewöhnlich aus den edelsten Geschlechtern, und in schweren 
Kriegszeiten stellen mehrere Völkerschaften zusammen einen Herzog 
an ihre Spitze, d. h. einen Oberkönig, der nach Beendigung des Krieges 
sein Amt wieder niederlegt. Bei der Königswahl, die durch Zuruf 
und durch Erhebung auf den Schild erfolgt, berücksichtigt man gern 
die Familie, aus der bereits tüchtige Führer hervorgegangen sind; 
zuweilen erkiest man aber auch einen König nach völlig freier Wahl. 
[Heer= und Rechtswesen.] Die Volksversammlung regelt 
also besonders auch das Heer= und das Rechtswesen. Alle Wehr- 
pflichtigen einer Völkerschaft bilden zusammen den Heerbann; die 
Bewaffnung besteht in Schild, Framea (d. i. ein kurzer, scharf- 
geschliffener Speer) und Lanze, auch in Pfeil und Bogen. Daneben 
sammeln einige Edelinge oder bemittelte Freie ein ihnen ganz er- 
gebenes Gefolge, dem sie Ausrüstung und Unterhalt gewähren, und 
mit dem sie Beutezüge auf eigene Faust unternehmen. — Die Ge- 
richtsverhandlungen finden unter freiem Himmel auf der Mal- 
stättei) statt; nur Landesverrat, Feigheit im Kriege und andere 
Verbrechen gegen die Gesamtheit werden mit dem Tode bestraft, 
während die Tötung eines einzelnen nur durch das Wergeld (z. B. 
Pferde, Rinder) gesühnt wird?. 
[Kultur.] Hauptbeschäftigungen sind Jagd, Viehwirtschaft 
und Ackerbau; Feld, Wiese und Wald werden von der Gemeinde ge- 
meinschaftlich verwaltet. Die hölzernen Hütten, die als Wohnungen 
dienen, liegen entweder auf dem offenen Lande zerstreut oder zu einem 
Dorfe vereinigt, aber immer von einem freien Raume umgeben. Im 
  
1) Mal = Merkmal, Zeichen, z. B. ein Baum. 
2) Wergeld = Manngeld (overgl. latein. vir). Durch die Einrichtung 
des Wergeldes wurde der gefährlichen Blutrache vorgebeugt.
	        
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