Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

Die ältesten Zusiände bei den Deutschen. 3 
Hause herrschen Zucht und Ordnung; die Ehe gilt als heilig; Wahr— 
haftigkeit, Treue und Gastfreundschaft werden hochgeachtet, während 
die Neigung zu Trunk, Spiel und roher Gewalttat Schattenseiten des 
altdeutschen Charakters sind. 
[Religion.] Die alten Deutschen sind ein religiöses Volk; sie 
glauben an einen ewigen und unveränderlichen Gott (von gut?) und 
verehren ihn in mannigfacher Gestalt. Aus dieser Vielheit erhebt 
sich schließlich als mächtigster und allgemein anerkannter Gott: 
Wuotan, der Weltenlenker mit dem allsehenden Auge; seine Botinnen 
in der Schlacht sind die Walküren, welche die gefallenen Helden in 
die Walhalla, d. i. die Himmelsburg, geleiten; sein Himmelswagen 
ist der große Bär und sein Roß die Sturmwolke. Der älteste Sohn, 
Donar, ist ursprünglich Gewittergott, wird aber später mehr und 
mehr zum Beschützer des Ackerbaues; er fährt auf einem mit Böcken 
bespannten Wagen dahin. Ein anderer Sohn, Zio, verleiht als ein- 
händiger Kriegsgott im Kampfe den Sieg. — Wuotans Gemahlin ist 
erst Frigga, die Lichtgöttin und Beschützerin der Ehe und Uber- 
wacherin der Spinnkunst, später Freiatu), die Göttin der Liebe 
( Venus). Feinde der Menschen sind: Loki, der ursprünglich die 
Abnahme des Lichts bedeutet, und seine Tochter Hela (Hölle), die 
alle nicht im Kampfe Verstorbenen in ihr unterweltliches Reich führt. 
Die Götter werden also nicht bloß als Naturkräfte (Sonne, 
Mond, Sterne, Sturm), sondern auch als sittliche Mächte gedacht 
und verehrt. Ubrigens geht diese ganze Menschen= und Götterwelt 
einst in dem großen Weltbrande zugrunde, und eine neue, bessere 
tritt an ihre Stelle; ein im 9. Jahrhundert entstandenes Gedicht be- 
handelt unter dem Namen Muspilli diesen Weltuntergang. — Einen 
mächtigen Priesterstand, wie bei den Celten die Druiden, gibt es 
bei den Deutschen nicht; der Fürst oder ein Priester opfert für die 
Volksgemeinde, jeder Hausvater für seine Familie. Der Gottes- 
dienst findet im Walde — ohne Tempel und meist auch ohne 
Bilder — statt. 
Die Beziehungen der Germanen zu den Nömern von 113 vor 
Chr. bis 375 nach Chr. Die ersten Jahrhunderte der deutschen Ge- 
schichte verliefen hauptsächlich in harten Kämpfen zwischen einzelnen 
  
1) Nach Zio ist der Dienstag, nach Donar der Donnerstag und nach 
Freia der Freitag benannt. 
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