46 Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst.
Diese verbesserten zahlreiche einheimische Gewerbe und legten neue
Fabriken an, so daß Webereien, Seiden- und Samt-, Tuch-, Hut—
und Strumpfbereitung jetzt erst in Aufnahme kamen. Sie ver—
standen sich auch auf den Bergbau und das Hüttenwesen. Viele
ließen sich in Magdeburg und Potsdam und in Berlin allein gegen
7000 Hugenotten nieder, die eine betriebsame und fleißige Gemeinde
bildeten und dem Staate auch tüchtige Offiziere und Beamten
stellten.
[Handel.] Um den Handelsverkehr zu erleichtern und zu be-
leben, verbesserte er die Wege, Brücken und Dämme, richtete er
zwischen Memel-Berlin-Kleve eine regelmäßige, mit Anschlüssen ver-
sehene Staatspost (Dragonerpost) ein, baute er zwischen Oder
und Spree den Friedrich Wilhelms= oder Müllroser-
Kanal, einen Kanal, der die Benutzung der in schwedischen Händen
befindlichen Odermündungen unnötig machte und so wichtige Städte
wie Frankfurt a. O. und Magdeburg oder Breslau und Hamburg
in unmittelbare Verbindung setzte. Selbst bis auf die See und nach
Afrika dehnte er seine Handelspläne aus. Nachdem er sich nämlich
eine Handels= und eine Kriegsflotte verschafft hatte 1), mit
der er einmal eine Geldforderung von den Spaniern eintreiben ließ,
errichtete er (1683) auf der Goldküste in Guinea die branden-
burgische Niederlassung Groß-Friedrichsburg und schloß mit
den dortigen Negerstämmen Friedens= und Handelsverträge. Die
Eifersucht der Holländer ließ freilich die afrikanische Ansiedlung
nicht recht aufkommen, so daß Friedrich Wilhelm I. sie an die
holländisch-westafrikanische Kompanie für 72 000 Dukaten verkaufte.
Kunst, Wissenschaft, Religion. Der Große Kurfürst fand auch
an Künsten und Wissenschaften viel Geschmack, und wenn
er selbst zwar meist einfach und bürgerlich lebte, so verstand er doch
bei feierlichen Gelegenheiten große Pracht zu entfalten. Berlin
wurde damals erst eine ansehnlichere Stadt und zählte bei seinem
Tode schon über 20 000 Einwohner. Bauten, eine Bibliothek und
andere Sammlungen trugen zur geistigen Anregung der Bevölkerung
bei. Frankfurt a. O. blühte jetzt erst als Universität mehr auf,
und in Duisburg ldühsburgl an der Ruhr entstand eine neue Hoch-
1) Die Flotte gehörte 1675—1684 eigentlich einer Aktiengesellschaft unter
dem tüchtigen Holländer Benjamin Raule, die in vertragsmäßigem Dienste
des Kurfürsten stand. Der Bau einer eigenen Seemacht begann erst 1684.